WATTWIL. Maximilian Kauf setzt sich auf den vordersten Rand des Klavierstuhls, damit er mit den Füssen das Pedal erreichen kann. Er legt seine Hände über die Tasten, schliesst kurz die Augen, öffnet sie wieder, nickt entschieden mit dem Kopf und beginnt zu spielen. Wenige Takte später setzt Leoni Schneider ein, die neben ihm sitzt. Vierhändig spielen sie «Berceuse» aus Gabriel Faurés Dolly Suite. Das Stück haben sie im März am Schweizerischen Jugendmusikwettbewerb in Winterthur gespielt. Es war der erste Wettbewerb für die elfjährige Leoni und den zehnjährigen Maximilian. Die beiden besuchen seit eineinhalb Jahren das Talentförderprogramm der Musikschule Toggenburg und haben am Wettbewerb den dritten Platz belegt. Ihre Klavierlehrerinnen haben sie zur Teilnahme ermutigt.
Nicht an die Noten denken
«Zuerst dachte ich: <Oh nein, nicht noch ein Vorspiel!> Aber dann freute ich mich auf den Wettbewerb», sagt Maximilian Kauf. Leoni Schneider fand es spannend, wie es ist, vor einer Jury zu spielen. «Je näher der Wettbewerb rückte, desto nervöser wurde ich.» Am Wettbewerb waren beide ziemlich aufgeregt, als sie all die vielen Leute sahen. Aber als sie zu spielen begannen, konnten sie alles um sich herum vergessen. «Ich denke mir beim Spielen Geschichten aus, die zur Musik passen. Dann muss ich nicht mehr an die Noten und an die nächsten Griffe denken, ich bin ganz in der Musik», sagt Leoni. Sie hat vor vier Jahren mit dem Klavierspielen begonnen. Zuerst wollte sie Cello lernen, aber das gefiel ihr nicht, als sie es ausprobierte. Am Instrumentenparcours in der Schule entdeckte sie das Klavier. «Ich hörte viele CDs mit Klaviermusik zu Hause und dachte, das will ich auch können.»
Maximilian begann schon als Fünfjähriger mit dem Klavierunterricht. «Ich sah im Fernsehen eine Zeichentrickserie über Mozart. Ich fand das cool, wie er Klavier spielt und ich wollte das auch können.» Als er Unterricht nehmen wollte, hiess es zuerst, er sei noch zu klein, um die Tasten greifen und das Pedal erreichen zu können. Aber Silvia Frick nahm ihn dann doch in die Stunde.
Die Musik als Ventil
Mit der Aufnahme ins Talentförderprogramm der Musikschule Toggenburg verpflichten sich Leoni und Maximilian dazu, täglich mehr zu üben als im normalen Musikunterricht. Leoni sitzt täglich 30 bis 45 Minuten am Klavier, Maximilian übt an manchen Tagen nicht und spielt dann dafür bis zu einer Stunde. «Wenn ich lange an einem Stück dran bin, übe ich viel, damit ich schneller wieder ein neues Lied lernen kann», sagt Leoni. Beide widmen der Musik viel Zeit, es kommt ihnen aber nicht wie ein Verzicht vor, wenn sie anderes dafür nicht machen können. «Ich spiele oft, wenn mich jemand in der Schule geärgert hat. Danach geht es mir wieder besser», sagt Maximilian.
Die beiden kannten sich schon vor der Teilnahme am Wettbewerb von Konzerten der Musikschule. In den eineinhalb Monaten vor dem Wettbewerb haben sie sich regelmässig getroffen und intensiv geübt. Zu zweit zu spielen ist noch schwieriger als allein: «Wir hatten weniger Platz am Klavier und mussten gut aufeinander hören», sagt Leoni. Sie und Maximilian sind stolz auf den dritten Rang, den sie am Wettbewerb erreicht haben. «Es ist schön, dass wir zeigen konnten, was wir alles gelernt haben. Wir haben so viel dafür geübt.»