Der St.Galler Meisterpianist Adrian Oetiker ist dem Wattwiler Musikleben seit 20 Jahren verbunden. Er wirkt immer wieder auch an regionalen Konzerten mit und ist regelmässig Gast an der Kanti Wattwil, wie zum Beispiel letztes Jahr im grossen sinfonischen Konzert «Aus der Neuen Welt», wo er als Solist mit dem Kanti-Orchester il mosaico Mozarts Klavierkonzert Nr. 24 aufführte.
Musik wie Feiningers Bilder
Diesmal brachte Adrian Oetiker seine zwei musikalischen Freunde Christoph Streuli (Violine) und David Riniker (Violoncello) aus Berlin mit. Die beiden Schweizer Musiker spielen als reguläre Mitglieder bei den Berliner Philharmonikern und bilden zusammen mit Adrian Oetiker seit 2005 das Feininger Trio. Etwas von Feiningers Bildern prägt auch die Musik dieses Trios. So wie sich der Berliner Maler und Bauhaus-Mitbegründer Feininger für Strukturen und fast mathematische Bezüge in seinen Stadt- und Landschaftsbildern interessierte, so drückt bei den drei Musikern eine «moderne», man könnte auch sagen «strukturale» Auffassung durch. Artistik und Brillanz der drei Musiker sind nicht Eigenwert, sondern stehen im Dienste der Tiefenstrukturen der von ihnen aufgeführten Kompositionen. Diese loten sie aus, bis in ihre feinsten Verästelungen.
Glasklares Notturno
Das zeigte sich schon bei Schuberts «Notturno», dem vereinzelten Triosatz, der erst 20 Jahre nach dessen Tod veröffentlicht wurde. Selten hört man innigere Musik als in diesem in Schuberts Schriften aufgefundenen Stück. Im feinnervigen Spiel des Trios wurde dessen Emotionalität nicht unterdrückt, im Gegenteil. Aber die drei Musiker machten sie in ihrem Spiel transparent und geschliffen wie Diamanten. Die tiefe Depression, die Schuberts Musik zugrunde liegt, wie ihr Jubel erscheinen beide unverfälscht, oft im fast schroffen Nebeneinander. Das galt in besonderem Masse auch für Chopins Klaviertrio in g-Moll (op. 8). Das Jugendwerk ist, wie das informative Programmheft vermerkte, Vorläufer zu Chopins eigenem romantischem Stil, in dem er sich von gewissen Konventionen verabschiedet und seine eigenen Wege geht. Diese eigenen Wege machte denn auch die mitreissende Interpretation des Trios immer wieder deutlich. Sie spielten es stellenweise rasend schnell, manchmal fast bis zur Schmerzgrenze.
Ravel - Urgestein der Moderne
Ganz entfesselt dann das Klaviertrio a-Moll von Maurice Ravel, das nach der Pause erklang. Hier wird Musik zum Zeugen der ganzen Skala menschlicher Emotionen, von abgrundtiefer Verzweiflung über gebetsähnliches Flehen bis hin zu selbstvergessenem Tanz und Ekstase. Das Trio blieb auch bei diesem Hexenkessel konzentriert, exakt und souverän - und brachte so, wie schon bei Schubert und Chopin, auch hier wieder einen Schuss Kontrolle ins mitreissende Spiel, dem sie sich trotzdem voll hingaben. Das ganze Konzert war begeisternd, vom ersten bis zum letzten Klang. Das war auch offensichtlich die Meinung des Publikums, das sich beim Schlussapplaus sofort erhob und anhaltend Beifall spendete.