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Es braucht zwei für Tangos

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Zum drittenmal schon kam die Basler Sängerin Anna Rossinelli mit ihrer Band ins Alttoggenburg. Am Mittwoch stellte sie in der Kirchberger «Eintracht» ihr neues Album vor ausverkauftem Haus vor.

KIRCHBERG. Die Schweiz steht am Gotthard? Will gen Süden, an die Wärme? Nix los daheim? Weit gefehlt! Immer mehr setzt sich die Erkenntnis durch, dass nicht alle die Brücke schlagen und an Auffahrt verreisen.

Was Veranstalter einst noch fürchteten, nämlich leere Säle vor und an den Frühlingsfeiertagen, ist längst überholt. Das Volk kann es sich nicht leisten, mehrmals pro Jahr zu verreisen, also bleibt es, wo's am schönsten ist - zu Hause. Auch, weil die Wettervorhersagen gute Stimmung verbreiten und auch, weil ja doch etwas los ist im Land.

Höhepunkt der Saison

So auch in der «Eintracht» zu Kirchberg am Mittwochabend. Angesagt waren Anna Rossinelli und Band, ein Höhepunkt der auslaufenden Winter-Konzert-Serie im Musikrestaurant von Bruno Metzger. Der, nicht scheu, stets die aktuellen Top-Acts der nationalen Szene zu günstigen Konditionen zu buchen versteht. «Günstig» ist vielleicht etwas übertrieben, denn dass auch die Rossinelli nicht mehr für ein Sandwich singt, war an den Preisen an der Abendkasse leicht festzustellen.

45 Franken kostete das Ticket, ein rechter Batzen für ein Clubkonzert, dennoch war der Abend ausverkauft. Interessant auch der Altersspiegel des Publikums. Nicht die Jugend, es war für einmal die Generation der Eltern, wenn nicht sogar der Grosseltern, die das Bild vor der Bühne bestimmte.

Inspirationsreise in die USA

Es hat sich gelohnt, hier zu bleiben und nach Kirchberg zu pilgern. Hinlänglich bekannt ist, dass Anna Rossinelli, Manuel Meisel (Gitarre) und Georg Dillier (Bass) vor neun Monaten eine Inspirationsreise in die USA unternahmen und sich die Kosten von 50 000 Franken durch eine Crowd-Funding-Aktion finanziert hatten. Die dabei gewonnenen Inspirationen und Erfahrungen machten nicht nur das Trio abgeklärter, sondern mündeten auch in einer brandneuen CD namens «Takes Two to Tango».

Das Material dazu hatte die Band schon vorher zusammen, wird betont, es sei durch die Begegnungen und Umstände während der Reise nur tiefgründiger, authentischer und reifer geworden. Ebendiese Liedersammlung stellten die drei, plus Simon Kistler am Schlagzeug, der auch der Produzent der CD war, in der «Eintracht» vor - und genau das zu erleben hat sich gelohnt.

Das Herz der Band

Es schien, als hätte sich Anna Rossinelli neu erfunden. Aus dem Girl mit dem missglückten ESC-Auftritt vor fünf Jahren ist eine apollinische Sängerin und Bandleaderin geworden. Alles dreht sich um sie, alles beginnt und endet bei ihr. Sie ist nicht die singende Frontfrau, sondern das Herz der Band, des Sounds, der Lieder - des ganzen optischen und akustischen Erscheinungsbilds. Und doch erscheint sie nicht aufdringlich, und doch spielt sie nicht den Part des «ich und dann lange niemand», sondern prägt ganz einfach durch ihre Präsenz, ihre Echtheit, ihre Leidenschaft.

Doch es braucht zwei für den Tango, die Sängerin und die Band. Und es braucht diskret überzeugende Arrangements, gezielt eingesetzten Instrumenteneinsatz und ein überzeugendes Mixing - das dem Techniker des Abends im übrigen perfekt gelang. Was es nicht braucht, sind überlanges, banales Geplauder und belanglose Videosequenzen zwischen den Songs.


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