MOSNANG/KIRCHBERG. Toni Büchel wohnt mit Ehefrau Heidi in der Chürze. Dort wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. «Das ist so, denn häufig kommt ein Fuchs auf seinem Streifzug an unserem Grundstück vorbei», meint der zukünftige Pensionär mit einem Lächeln. Er muss es wissen, in dieser Jahreszeit gehört seine ganze Aufmerksamkeit der Arbeit im Freien und dem wunderschön gehegten und gepflegten Garten. Rosen haben es ihm ganz besonders angetan. «Ich liebe Rosen, wenn man sie gut behandelt, entfalten sie ihre ganze Schönheit.» Apropos Schönheit: Der Blick vom Garten Richtung Dorf ist atemberaubend.
Zeit der Familie schenken
Im Gespräch ist zu spüren: Toni Büchel ist ein Familienmensch. Die vier Kinder sind zwar längst flügge geworden. Vater Toni und Mutter Heidi, sie ist auch Lehrerin und unterrichtet an der Musikschule Toggenburg, sind aber glücklich, dass alle ihre Zelte in der Nähe aufgeschlagen haben. Durch Tochter Anja sind die beiden auch schon Grosseltern von Milo und Elia. Nach seiner Pensionierung, die offiziell am 9. Juli ist, muss der 63-Jährige seine Zeit kaum «totschlagen». Er freut sich, noch mehr Stunden in seinem geliebten Garten verbringen zu können. Das erste Projekt nach dem Arbeitsleben fällt exakt auf den Tag seiner Pensionierung. Er und Ehefrau Heidi fliegen nach Amsterdam zur Leichtathletik-Europameisterschaft. Sie möchten Tochter Selina, die 800-Meter-Weltklasseläuferin, direkt im Stadion zu Höhenflügen tragen. «Wir freuen uns auf Holland, auch darum, weil weitere Familienmitglieder mit uns die Reise mitmachen. Und wer weiss, vielleicht bringe ich den Mut auf, bei einem Motorradrennen meines Sohnes Jan auch einmal live dabei zu sein. Für musikalische Genussmomente sorgen Jonas und Anja, die uns immer wieder zu Konzerten der Orchester, denen sie angehören, einladen.»
Lehrer aus Berufung
Die Antwort auf die Frage «Warum Lehrer?» fällt Toni Büchel leicht: «Es gab zwar den Gedanken Lehrer oder Gärtner. Nach dem Seminar in Sargans und nach zwei Jahren Schule in Thal war ich mir aber sicher, ich habe meine Berufung gefunden. Ich erachte die Arbeit mit Kindern als Privileg.» An seiner ersten Lehrerstelle hat er sich ausbedungen, «Schule ohne Noten» zu erteilen. Es brauchte damals die Zustimmung des St. Galler Regierungsrates Ernst Rüesch, der mehrmals den Unterricht von Junglehrer Büchel persönlich inspizierte. Nach zwei Jahren und nachdem das Experiment als geglückt eingestuft worden war, verliess Toni Büchel das Rheintal und ging für ein Jahr nach Paris. Er lernte Französisch und besuchte Vorlesungen an der Sorbonne über Kunstgeschichte. Zwischendurch bereiste er Frankreich, verdiente sich Kost und Logis in der Camargue auf einer Pferdefarm und besserte sein Sackgeld mit Übersetzungen in einer Buchhandlung auf. Nach zwölf Monaten war es Zeit, die Zelte in der französischen Metropole abzubrechen. «Mein Erspartes ging zur Neige», meint Toni Büchel mit einem Augenzwinkern.
Konnte der 23-Jährige vier Jahre zuvor bei der Stellenwahl noch aus dem Vollen schöpfen, gab es 1976 laut Amtsblatt des Kantons St. Gallen gerade einmal acht offene Lehrerstellen. Er gehörte zu den Glücklichen und fand eine Anstellung an der Schule in Mühlrüti. «Vor der Unterschrift hat mich Stefan Brändle, der damalige Schulpräsident, auf Herz und Nieren geprüft.» Er sollte seinen Entscheid nicht bereuen. Toni Büchel hielt dem Dorf am Fusse der Hulftegg während 24 Jahren die Treue und bekleidete zwischenzeitlich weitere Ämter. 24 Jahre war er mit Freude Dirigent des Kirchenchors, einige Jahre auch noch Präsident. Der baldige Pensionär war auch ein glühender Verfechter des Mehrklassensystems. «Ich lernte diese Schulform in Mühlrüti kennen und war von deren Vorzügen begeistert.» Er schätzt sich glücklich, dass er in Mühlrüti und später auch in Müselbach im Mehrklassensystem unterrichten durfte. Als 2005 die Mittelstufe Müselbach geschlossen wurde, zügelte er gemeinsam mit den Schülern ins Primarschulhaus Sonnenhof nach Kirchberg. «Nach 16 Jahren in der Schulgemeinde Kirchberg kann ich eine wirklich flotte sechste Klasse verabschieden und ruhig in Pension gehen.»
Von besonderem Interesse war für ihn immer die Mitarbeit in der Pädagogischen Kommission des Kantons St. Gallen, welcher er 17 Jahre angehörte, sowie die Arbeit mit Praktikanten und die Leitung der Arbeitsgemeinschaft Mehrklassenschule.
Rückzugsort im Tessin
Am Ende des Gesprächs erwähnt Toni Büchel das Rustico im Tessin, das er und Ehefrau Heidi vor dreissig Jahren käuflich erworben und mit viel Eigenleistung zu einem Schmuckstück ausgebaut haben. «Es ist eine Oase der Ruhe, etwas abseits der Zivilisation. Mit zehn Schlafplätzen ist es auch jener Ort, an dem sich die ganze Familie immer wieder trifft. Dies soll auch in Zukunft so bleiben.»