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Channel: Ostschweiz - St. Gallen - Toggenburg
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Pokémon-Jäger: Neu, aber harmlos

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Wer dieser Tage im Toggenburg spazieren geht, mag sich über eine neue Gruppe von Menschen wundern, welche scheinbar unspektakuläre Naturplätze beobachten. Oftmals stehen sie auf leeren Wiesen und Weiden und schauen konzentriert umher.

Wer dieser Tage im Toggenburg spazieren geht, mag sich über eine neue Gruppe von Menschen wundern, welche scheinbar unspektakuläre Naturplätze beobachten. Oftmals stehen sie auf leeren Wiesen und Weiden und schauen konzentriert umher. «Auf dieser Wiese kann man ja nicht einmal schöne Kühe beim Grasen beobachten», wird sich manch gewöhnlicher Spaziergänger denken. Oder: «Warum fuchtelt diese Person denn wie wild mit ihrem Handy durch die Gegend?» Auch an der Thur spielen sich teilweise spezielle Szenen ab: Leute, die - zwar entschlossen , aber ohne Angelrute - versuchen, etwas aus dem Fluss zu fischen.

Jagd durchs Toggenburg

Das Verhalten dieser Abenteurer in der Natur kann einem gewiss merkwürdig erscheinen und ein mulmiges Gefühl bereiten. Sie sind aber harmlos, denn es handelt sich bei ihnen um Pokémon-Jäger. Sie versuchen Pokémon, die sie durch die Handykamera sehen, mit Hilfe von virtuellen Pokébällen einzufangen. Deshalb auch die hektischen Handbewegungen: Die Pokébälle werden durch eine gezielte Handbewegung nach den Pokémon geworfen. Das Spiel «Pokémon Go» erfreut sich grosser Beliebtheit. Wie die NZZ am Sonntag berichtet, eroberte das Spiel in den USA nach seiner Einführung am 6. Juli sofort Platz eins im App-Store. Seit letztem Samstag ist es auch in der Schweiz verfügbar.

Und wo jagen die Leute im Toggenburg? Ein Rundgang durch Wattwil zeigt, dass besonders die Wege entlang der Thur beliebt sind. Dort gibt es zu Lande und zu Wasser einige Pokémon zu finden. Unter anderem nistet ein Taubsi in den Bäumen vor der Kanti. Folglich tummeln sich in dieser Gegend viele Pokémon-Sammler und eilen, den Blick ins Handy gesenkt, umher. Zwei Brüder aus Zürich, die während der Ferien ihre Grossmutter in Wattwil besuchen, sind völlig im Pokémon-Fieber: «Wir gehen jeden Tag mindestens zwei Stunden auf die Jagd.» Um weitere Pokémon-Sammler zu treffen, empfehlen die beiden den Bräkerplatz vor der Postbrücke. Dort befindet sich eine Arena, wo Kämpfe zwischen Spielern unterschiedlicher Levels ausgetragen werden.

«Augen auf den Verkehr»

Obwohl es vom Thurweg auf Höhe der Kantonsschule zum Bräkerplatz nur ein kurzes Wegstück ist, braucht man doch einiges an Zeit. Zum einen lauern überall weitere Pokémon, die es einzufangen gilt. Zum anderen erweist es sich als nicht ganz ungefährlich, mit dem Handy Pokémon zu fangen und gleichzeitig vorbeifahrenden Fahrrädern auszuweichen. Die Brüder aus Zürich bestätigen: «Manchmal verliert man bei der Jagd den Kopf und läuft etwas unvorsichtig durch die Gegend.» Grund genug, um bei der Polizei nachzufragen, ob es wegen Pokémon GO schon zu Unfällen gekommen ist. «Bis jetzt gab es noch keine Unfälle», sagt Gian Andrea Rezzoli, Mediensprecher der Kantonspolizei St. Gallen. Dennoch warnt er davor, sich all zu fest auf das Handy zu konzentrieren: «Wer auf der Strasse unterwegs ist, sollte seine Augen primär auf den Verkehr richten.» Allerdings sieht er wegen des neuen Spiels keine erhöhte Gefahr gegenüber früher: «Das Handy war seit jeher eine Ablenkung für die Menschen.» Positiv findet Rezzoli, dass die Spieler an die frische Luft gehen und sich bewegen müssen. Denn Pokémon GO erkennt, wenn die Sammler mit dem Auto unterwegs sind. Daher kommen sie nicht umhin, zu Fuss Jagd auf die Pokémon zu machen. Dies bringt einen weiteren positiven Effekt: So meint eine weibliche Sammlerin, ihr Freund würde nun viel öfter mit ihr spazieren gehen als früher.


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