LÜTISBURG/GANTERSCHWIL. Auf den ersten Blick sind das Kinder-Dörfli in Lütisburg-Station und die Klinik Sonnenhof in Ganterschwil ähnliche Institutionen: Beide wurden als Waisenhaus gegründet und in beiden Häusern werden heute Kinder und Jugendliche mit Verhaltensauffälligkeiten unterrichtet.
«Leitplanken setzen»
Beim genauen Hinsehen unterscheiden sich die Einrichtungen aber deutlich. Während im Kinder-Dörfli die Schule neben dem betreuten Wohnen der zentrale Aspekt ist und Vorgaben des Lehrplans erfüllt werden müssen, ist der pädagogische Aspekt im Sonnenhof nicht das oberste Kriterium. Dort geht es darum, für Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebensphasen ein therapeutisches Konzept zu erstellen und sie in Notsituationen zu unterstützen. Bei 56 Prozent der Einweisungen handelt es sich um Notaufnahmen. Nachdem die beiden Institutionen in der Vergangenheit Konkurrentinnen waren - auch wegen ihrer unterschiedlichen konfessionellen Ausprägung -, sind sie nun eine Kooperation eingegangen. Das Ziel fasst Ulrich Müller-Knapp, Klinikleiter im «Sonnenhof», in einem Satz zusammen: «In der Not muss es funktionieren.» Schon in der Vergangenheit hat es immer wieder Kinder und Jugendliche gegeben, die vom «Sonnenhof» ins Kinder-Dörfli überwiesen wurden und umgekehrt.
Um der Schnittstelle bei Übergängen von einer Institution in die andre mehr Aufmerksamkeit zu schenken, wurde im vergangenen Jahr ein Kooperationsvertrag ausgearbeitet und in den letzten Tagen unterzeichnet. Urs Gasser, Gesamtleiter des Kinder-Dörfli, sagt: «Wir sind in Lütisburg keine Therapeuten und müssen die richtigen Leitplanken setzen. Für uns ist wichtig zu wissen, was der <Sonnenhof> braucht. Wir wollen nicht einfach Kinder hospitalisieren.»
Situation besser erfassen
Das erklärte Ziel dieser Zusammenarbeit: Bei krisenhaften und regulären Übergängen zwischen den Institutionen nach gemeinsam entwickelten und im Kooperationsvertrag beschriebenen Prozessen zusammenarbeiten. Um dies zu gewährleisten, wird das Personal des Kinder-Dörfli und der Klinik Sonnenhof im jeweils anderen Unternehmen Erfahrungen sammeln. Gasser sagt: «Wir wollen uns gegenseitig besser kennenlernen, um schliesslich die Situationen für die Kinder besser erfassen zu können.» Die Testphase dauert maximal ein Jahr. Oder aber, bis fünf Jugendliche in beiden Institutionen waren. Danach wird ein Fazit gezogen und das weitere Vorgehen definiert.
Mehrere junge Flüchtlinge
Viele der betreuten Jugendlichen tragen ein Trauma mit sich herum. Die Thematik hat mit jungen Flüchtlingen eine neue Dimension erreicht. Die Klinik Sonnenhof wurde von einer Welle unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender erfasst. «Von ihnen sind viele traumatisiert. Hier kam es zu mehreren Notaufnahmen und Krisensituationen.» Im Kinder-Dörfli wird im noch jungen Schuljahr erstmals eine Asylsuchende unterrichtet.