Skispringer Simon Ammann will in der neuen Weltcup-Saison an frühere Erfolge anknüpfen. Kurz vor dem Saisonstart wird der sympathische Toggenburger an der Werdenberger Wirtschaftstagung in Grabs über seine Leidenschaft und seinen Weg zum Unternehmer sprechen.
Sie befinden sich mitten in den Saisonvorbereitungen. Wie sieht Ihr derzeitiger Trainingsablauf aus?
Anfang Oktober waren die letzten Sommerwettkämpfe. Das lockert den Trainingsalltag auf und stellt eine relative Formbestimmung dar. In einer normalen Trainingswoche springen wir drei- bis viermal und sind zudem fast täglich im Kraftraum oder in der Turnhalle. Bis zum Winterstart Ende November vergeht die Zeit sehr schnell, und die Intensität steigt, obwohl wir das Training quantitativ reduzieren.
Sie starten in die 20. Weltcup-Saison in Ihrer Karriere. Welche Ziele setzen Sie sich?
Zuerst ist ein guter Start wichtig. Danach zeichnet sich rasch ab, ob man seinen Zielen nahe kommen kann. Für mich wird die WM in Lahti ein Ziel sein. 2001 hatte ich die WM in Lahti verpasst, und daher ist noch eine Rechnung offen. Zudem mag ich beide Schanzen dort und Lahti als Ort ebenfalls.
Nach Ihrem schweren Sturz Anfang 2015 haben Sie sich mühsam wieder zurückgekämpft. Was hat Sie dazu bewogen, die Karriere noch nicht an den Nagel zu hängen?
Ich kann immer noch weit fliegen. Das Gefühl dabei ist einmalig. Wenn ich jetzt aufhöre, wäre das endgültig. Der Körper macht nicht mehr alles mit, und würde die Pause zu lang, würde die ganze Schnellkraft und die Reaktion rasch verfliegen. Zudem träume ich immer noch von einem Mannschaftserfolg.
Mitten in den Vorbereitungen treten Sie an der Werdenberger Wirtschaftstagung auf und sprechen dort über Ihren Weg vom Sporttalent zum Unternehmer. Welche Erfahrungen aus Ihrer Sportkarriere helfen Ihnen beim Aufbau Ihrer künftigen beruflichen Karriere?
Vielleicht meine Ungeduld? Andere würden es Zielstrebigkeit nennen, aber das weiss man ja erst im Nachhinein (lacht). Abgesehen davon habe ich gelernt, vor Leuten zu reden und mich auf ein Ziel zu konzentrieren und alles zu tun, damit ein Traum wahr wird. Ich hoffe sehr, dass es später auch noch so einen Lebensstil für mich gibt.
Sie haben gemeinsam mit Ihrem deutschen Skisprungkollegen Martin Schmitt eine Sportagentur gegründet. Wo stehen Sie damit heute und welche weiteren Ziele verfolgen Sie?
Wir betreuen etwa zehn Athletinnen und Athleten aus ganz verschiedenen Sportarten. Das Athletenmanagement ist sicher eines unserer wichtigsten Projekte. Daneben sind wir mit verschiedenen anderen Projekten beschäftigt, die sich immer wieder anbieten. Das Netzwerk will gepflegt sein und ist auch sehr wichtig, um gute Akquisition zu machen.
Darüber hinaus engagieren Sie sich stark in Ihrer Toggenburger Heimat, unter anderem als Verwaltungsrat der Bergbahnen Toggenburg. Verstehen Sie dies als Investment oder als Mäzenatentum?
Es ist ein Investment. Wir haben unser Geschäft mit dem Neubau des Bergrestaurants auf das ganze Jahr ausgeweitet, und wir erwarten in Zukunft auch, dass wir eine Dividende auszahlen können. Ursprünglich war es aber einfach ein grosser Schritt zurück in die Heimat. Etwas zurückgeben zu können und damit auch etwas zu bewirken, ist für mich grundsätzlich eine tolle Sache.
Unter den Skigebieten in der Ostschweiz herrscht ein grosser Konkurrenzkampf: Die Bergbahnen Wildhaus sind derzeit auf Aktionärsfang, um neue Anlagen im Wert von rund 20 Millionen Franken finanzieren zu können. Warum sind die Investitionen notwendig?
Das frage ich mich auch.
Werden Sie sich an dieser Investitionsrunde ebenfalls beteiligen?
Ganz sicher nicht.
Der Bergtourismus in der Schweiz steckt in schwierigen Zeiten. Was raten Sie Hoteliers und Gastronomen in dieser Situation?
Lassen Sie sich etwas einfallen und schauen Sie, was der Gast gerne hat. Im Toggenburg grenzen wir uns von den anderen ab, indem wir neben der Weltklasse-Architektur von Herzog & de Meuron den Berg möglichst ohne Alpenchic oder unzählige Souvenirstände in Szene setzen. Bei uns geniesst man den Berg, ein gutes Essen und unser Restaurant. Die Zahlen geben uns recht. Ich weiss deshalb nicht, ob der Bergtourismus in der Schweiz wirklich in solch schwierigen Zeiten steckt oder die Situation einfach nur so dargestellt wird. Eigentlich bietet sich genau in dieser Zeit die Chance auf Neues an.
Welche weiteren beruflichen Ziele verfolgen Sie für die Zeit nach der Sportkarriere?
Das weiss ich noch nicht genau. Zuerst hat der Sport noch absolute Priorität. Fliegen bleibt mir wohl in einer anderen Art erhalten, da ich im Moment die Ausbildung zum Berufspiloten mache.
Natürlich will ich in unserer Agentur später auch aktiv sein, und seit Anfang Oktober bin ich Inhaber einer Dachdeckerfirma, die mein Bruder nun führt. Es läuft also einiges, und mir wird sicher nicht langweilig.
Sie sind jetzt 35 Jahre alt. Wie lange werden Sie Ihre Skisprungkarriere noch fortsetzen?
Das ist schwer zu sagen. Wird der Winter einigermassen erfolgreich, möchte ich sicher auch noch an den Winterspielen 2018 in Südkorea teilnehmen.
Sie wohnen mittlerweile in Schindellegi. Haben Sie Pläne für eine Rückkehr ins Toggenburg, wo Sie aufgewachsen sind?
Wir sind immer noch am Anfang dieser Pläne. Es ist nicht so einfach, einen Platz zu finden, wo wir uns niederlassen wollen. Ich bin da eben sehr wählerisch.