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Channel: Ostschweiz - St. Gallen - Toggenburg
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Ein Umschlagplatz für liebevoll Selbstproduziertes

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Der Martinimarkt ist ein Schmelztiegel aller Produkte, die in den Küchen, Werkstätten, Nähstuben und Bastelräumen der nahen Umgebung entstehen.

Wäre der Mogelsberger Dorfplatz grösser, es hätten mehr als 70 Stände am Martinimarkt Platz. So waren auch im 23. Jahr alle Stände im Nu ausgebucht.

Das Interesse am Markt ist gross, nicht nur bei den Teilnehmenden, auch bei den Besucherinnen und Besuchern. Um zehn Uhr, wenn die Musikgesellschaft aufspielt und die Standbetreiber noch ihre letzten Produkte auf den Tischen plazieren, scheinen die Gäste bereits anzustehen. Das ist so, weil es immer schon so war. Jedes Jahr überlegt sich das Organisationskomitee um die Marktchefin, Maja Meyer-Böhm, was man am Markt ändern oder verbessern könne.

Und doch bleibt alles wie gehabt, weil der Martinimarkt sich auf diese Weise beliebt gemacht hat: Hier findet man Qualität, Authentizität, Tradition. Das Angebot der Marktteilnehmer präsentiert sich als in Handarbeit und mit Hingabe hergestellter bunter Mix aus den Küchen und Werkstätten des Dorfes, des Necker- und des Thurtals. Die Teilnehmer sind keine professionellen Marktfahrer, viele nutzen den Verkauf der Erzeugnisse als zweites Standbein, nicht wenige lassen es in der Freizeit entstehen.

Was begehrt ist, geht rasch über den Tisch

Heidi und Peter Jaggi, wohnhaft gleich um die Ecke, haben die Leidenschaft des Pilzesammelns entdeckt. Die Frau, allein oder mit dem Pilzverein unterwegs, kennt jedes Plätzchen rund ums Dorf, wo sich Steinpilz und Eierschwämmli wohl fühlen. Ein gutes Steinpilzjahr sei 2016 allerdings nicht gewesen, sagt sie. Sie hat den Ertrag vom Herbst getrocknet, zu Pilzmischungen verarbeitet oder Pulver gemahlen. Ihr Mann hat die Eierschwämmli eingelegt. «Verwendet werden nur einwandfreie Pilze», verrät sie. Peter Jaggi hingegen verrät die Rezeptur seiner Salatsauce nicht, die so schnell über den Markttisch geht wie die süssen Kürbissterne seiner Frau. Kurz vor elf Uhr sind fast alle weg. Den Ertrag lässt das Ehepaar ins eigene Projekt für Erholungsferien für erwachsene Menschen mit Beeinträchtigung fliessen.

Auch das Angebot von Regina Steiner schmälert sich in kurzer Zeit. Sie ist zum zweiten Mal am Martinimarkt, seit sie und ihr Mann den Bio-Bauernhof in Nassen übernommen haben. Alles, was auf und um den Hof entsteht, findet in verarbeiteter Form an den Markt: Teemischungen, Produkte vom Schaf, getrocknete Blüten und Blätter von Kornblume, Malve und Himbeer, Mostbröckli vom Damhirsch.

Charme und Engagement

Herzhaft zulangen kann der Gast am Stand des Asylzentrums Neckermühle. Afghanische Frauen haben heimisches Süssgebäck, es ist kostenlos. Daniel, der am selben Stand Pöscheli zum Verkauf herstellt, bewirbt die Leckereien mit Charme und Engagement. «Du willst nie mehr aufhören zu kosten, wenn du es einmal probiert hast.» Gedulden mit essen muss sich der Käufer am Stand von Käthi Hagmann -- zumindest bis zum nächsten Tag. Die Bäuerin soll den besten Sonntagszopf der Region herstellen, lobt eine Käuferin. Seit 20 Jahren nimmt Käthi Hagmann am Martinimarkt teil.

Ihr Mann German ist seit Beginn mit gedrechselten und geküferten Holzwaren dabei. Bis vor einigen Jahren sind diese in der Nacht entstanden. Heute findet der Autodidakt, der die Leidenschaft an seinen Sohn weitergegeben hat, bei schlechtem Wetter Zeit für die Feinarbeit. Die Mogelsberger Bauernfamilie schafft sich so ein Nebeneinkommen. Pfeffermühlen, Käseplatten und Fahreimer finden sich auf einem Tisch, Apfelmost, Honig, Apfelringli auf dem anderen. Die rheintalische Herkunft der Frau ist nicht zu übersehen: «Puurawürscht» oder «Zitronamelissa-Sirup» stehen auf den Hoferzeugnissen.


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