Ruben Schönenberger
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«Was zur Unternehmenssteuerreform III bis jetzt bekannt ist, macht uns Sorgen. Und vieles wissen wir noch gar nicht.» Die St. Galler SP-Kantonsrätin Bettina Surber verweist mit ihren einleitenden Worten anlässlich der Informationsveranstaltung der SP Alttoggenburg vom Donnerstag auf die Ungewissheit der Vorlage.
Die Unternehmenssteuerreform III (USR III) wurde nötig, weil sich die Schweiz zunehmend internationalem Druck ausgesetzt sah, Steuerprivilegien für sogenannte Spezialgesellschaften abzuschaffen. Dazu gehören beispielsweise Holdings, die am Firmensitz in der Schweiz bloss ihre internationalen Beteiligungen verwalten, hierzulande aber eigentlich keine Geschäftstätigkeit vorweisen können. Die Abschaffung der Privilegien ist denn auch unumstritten. In der Kritik stehen jene Massnahmen, die der Bund treffen will, um die Abwanderung ebendieser bisher privilegierten Firmen zu ver- hindern. «Eine Abwanderung würde es ohne Gegenmassnahmen zwar geben. Wie hoch diese ausfallen würde, ist aber ungewiss», sagt Surber. Das liege auch daran, dass man schlicht nicht genau wisse, welche Firmen überhaupt von diesen Privilegien profitierten.
Neue Privilegien für alle Unternehmen
Bei den geplanten Gegenmassnahmen handelt es sich um eigentliche neue Privilegien, die dann aber von allen Unternehmen in Anspruch genommen werden könnten, nicht nur von den bereits bisher bevorzugten. So sollen unter anderem die Erträge aus Patenten steuerlich bevorzugt werden oder auf dem Eigenkapital ein fiktiver Zins berechnet werden. «Diese und andere Privilegien stehen international aber schon wieder unter Druck», sagt Surber.
Wie hoch die daraus resultierenden Verluste bei den Steuereinnahmen tatsächlich ausfallen würden, sollten die Stimmbürger die USR III am 12. Februar annehmen, ist gemäss Surber unsicher. «Wir wissen heute bei verschiedenen Massnahmen noch nicht, wie sie konkret ausgestaltet werden und wie sie sich auswirken.» Sie verweist dabei auch auf die Prognosen, die vor der letzten Reform der Unternehmenssteuern gemacht wurden. «Diese waren um ein Vielfaches zu tief.» Klar sei schon jetzt, wie die ebenfalls beabsichtigte, erste Senkung der Gewinnsteuer zu Buche schlagen werde. Nach Angaben der Kantonsrätin müssten die Städte und Gemeinden auf rund 26 Millionen Franken verzichten, der Kanton auf rund 30 Millionen Franken und gar die Landeskirchen erhielten rund 4,6 Millionen Franken weniger. Daraus resultierten Sparpakete, höhere Gebühren und höhere Steuern für natürliche Personen. So könnte der Kanton beispielsweise die Staatsbeiträge kürzen. Darunter fallen verschiedenste Ausgaben, vom öffentlichen Verkehr bis zur Kultur. Am Schluss habe der Mittelstand dafür zu bezahlen, dass sich die Firmen aus der Verantwortung stehlen würden.
Gemeint sind damit vor allem die grossen Firmen. Denn der Grossteil der Klein- und Mittelunternehmen profitiere nicht von den neuen Privilegien. 61 Prozent der Unternehmen zahlen keine oder weniger als 1000 Franken Steuern. 24 Prozent zahlen zwischen 1000 und 10000 Franken. Surber sagt auch ganz grundsätzlich: «Es bringt dem Kanton St. Gallen nichts, bei diesem Steuerwettbewerb mitzumachen.» Es gebe hier rund 1000 Unternehmen, die von den abzuschaffenden Privilegien profitierten. Diese würden nur etwa 40 Millionen an Steuern bezahlen. Alleine die Senkung der Gewinnsteuern führe zu grösseren Verlusten als ein potenzieller Wegzug aller dieser Unternehmen.
Zu viel auf einmal
Das Fazit der Kantonsrätin war denn auch, dass man zu viel in die Reform gepackt habe. Die Abschaffung der Steuerprivilegien sei unbestritten. Deshalb sei es auch gar nicht illusorisch, dass eine verbesserte Vorlage schnell vorliegen würde, sollte die momentane Version an der Urne abgelehnt werden.