Martin Knoepfel
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Im September stimmt das Volk über die AHV-Reform 2020 ab. Am Freitag führte die CVP Ortspartei in Lichtensteig deshalb einen Informationsabend zur Altersvorsorge durch. Zwei Dutzend Besucher kamen, darunter amtierende und frühere Kantonsräte. Eingangs zeichnete der Historiker Matthias Ruoss die Geschichte der Altersvorsorge in der Schweiz nach (siehe Zusatz).
Die AHV werde zu fast drei Vierteln im Umlageverfahren mit Beiträgen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber finanziert. Die Schweiz sei mit einer doppelten Herausforderung konfrontiert, weil die Lebenserwartung steige und die Geburtenzahl sinke, sagte Renate Schiess, Leiterin Beiträge der Sozialversicherungsanstalt des Kantons. Dank dem guten Anlageertrag von 2016 stehe der AHV-Fonds jetzt bei 106 Prozent einer Jahresausgabe. Dennoch sei bis 2030 ein Umlagedefizit der AHV von sieben Milliarden Franken im Jahr zu erwarten.
Renate Schiess erläuterte sodann den Stand der AHV-Reform, die im März in die Differenzbereinigung kommt. Am 1. Januar 2018 soll die Reform in Kraft treten. «Das ist ein sehr sportlicher Fahrplan», sagte die Referentin. Sie erwartet, dass das Frauenrentenalter auf 65 Jahre steigt, da sich National- und Ständerat hier einig sind. Das gilt auch für die Flexibilisierung des Rentenalters. Neu sollen der Teilvorbezug und der Teilaufschub der Renten möglich sein, wobei die Referentin andeutete, dass das im Vollzug schwierig werden wird. Ferner komme die volle Beitragspflicht bei Erwerbstätigkeit nach dem Alter 65, wobei die Beiträge neu rentenbildend seien, sagte Renate Schiess. Unklar sei, welche Lösung bei den Hinterlassenenrenten, bei der Schuldenbremse und bei den Anschlusslösungen zur Erhöhung des Mehrwertsteuer- Beitrags getroffen würden. Hier seien National- und Ständerat uneinig.
«Schuldenbremse erst nach 2020 einführen»
Unbestritten sei, dass man die Altersvorsorge auf ein solides Fundament stellen müsse, sagte der Pensionskassenexperte Ernst Rätzer. Er ist für ein Vorgehen in Etappen. Sehr dringend seien ein höheres Rentenalter der Frauen und die Senkung des Umwandlungssatzes auf sechs Prozent in der 2. Säule. Es brauche dabei Ausgleichsmassnahmen, wobei der Referent den Koordinationsabzug streichen will. Bei höheren Umwandlungssätzen zahlten die Aktiven teilweise die Renten der Pensionierten, sagte Ernst Rätzer. Nach 2020 müsse man die Schuldenbremse zügig einführen. In den nächsten 20 Jahren gelte es, das Rentenalter schrittweise auf 67 Jahre anzuheben, mit flankierenden Massnahmen für einzelne Berufe, und die Altersvorsorge auf die digitale Wirtschaft auszurichten. Da müsse man etwa das existenzsichernde Grundeinkommen prüfen.
In der Diskussion wies Kantonsrat Andreas Widmer auf die «heilige Kuh» der gesprochenen Renten hin. Ernst Rätzer sagte, dass man seit der letzten BVG-Revision unter restriktiven Bedingungen frühere Rentenerhöhungen zurücknehmen könne. Zudem plädierte er dafür, dass man sich nur maximal die Hälfte des Alterskapitals auszahlen lassen kann. Matthias Ruoss kritisierte, dass sich die Debatte nur um die Finanzierbarkeit drehe. Die erste Frage müsse sein, wie man den Ruhestand gestalten wolle.