WILDHAUS. Vor 500 Jahren assen die Menschen, was in den Gärten und Feldern angebaut wurde. Die Herausforderung für das Projekt «Nahrungsmittelbasis wie zu Zwinglis Zeiten um 1500» ist es, herauszufinden, was auf über 1000 Metern über Meer angebaut werden kann. Trägerschaft für den Garten, der auf Boden der Gemeinde Wildhaus-Alt St. Johann erstellt wurde und sich neben dem Geburtshaus des Reformators befindet, ist das Team Zwingli-Projekt Wildhaus unter der Leitung von Hans Ulrich Knaus. Für die Beratung und Ausführung ist die Rhy-Top GmbH, Salez, mit Benedikt Kogler und dem Geschäftsführer Hans Oppliger verantwortlich.
Verschiedene Kulturpflanzen
Im Garten mit einer Fläche von 30 Aren wachsen Kulturpflanzen, aufgeteilt nach Pflanzenfamilien. Beim Eingang erfahren die Besucher einiges über den Bauerngarten und das Projekt. Die Menschen sollen auf den wertvollen Schatz der über Jahrhunderte gewachsenen Vielfalt der Kulturpflanzen aufmerksam gemacht werden.
Aktuell läuft die Vorbereitungs- und Versuchsphase, damit den Besucherinnen und Besuchern im Jubiläumsjahr 2017 ein möglichst authentischer Garten präsentiert werden kann. Angebaut wird Getreide wie Emmer, Einkorn, Gerste, Hafer, Roggen und Weizen sowie Hirse und Buchweizen. «Bei der Hirse waren wir uns nicht ganz sicher, ob der Anbau in dieser Höhenlage gelingt», so Benedikt Kogler.
Als Eiweiss- und Öllieferanten gab es zu Zwinglis Zeiten Ackerbohnen, Erbsen, Linsen, Kichererbsen und Lein. Dazu kamen Gemüse Mähren, Winterzwiebeln, Lauch, Kohlrabi, Kabis, Weisse Rübe, Sellerie, Schalotte und Schnittlauch, dazu Schnittmangold, Gartenmelde, Wilde Malve und Federkohl. «Je nach Resultat der Versuchszeit werden wir nächstes Jahr die Pflanzenauswahl anpassen», so Hans Oppliger. Auf Chemie wird verzichtet, «denn das gab es vor 500 Jahren noch nicht. Die Menschen setzten, wenn es um die Vermeidung von Schädlingen und die Bitte um gute Ernten ging, aufs Beten», hat Benedikt Kogler recherchiert. «Und wenn es Missernten gab, war das Gottes Wille oder seine Strafe.»
Bis erste Resultate sichtbar wurden, brauchte es einiges an Vorarbeit. «Den Boden pflügen, Steine zusammentragen, hacken, mulchen, Beete einteilen und dann säen und pflanzen», blickt Benedikt Kogler zurück. Zudem entstand - dank überliefertem Wissen von Hans Ulrich Knaus - ein Holzzaun, wie er schon seit Jahrhunderten verwendet wird.
«Es gibt einige Herausforderungen zu bewältigen», so Hans Oppliger. «Zum Zeitpunkt der Reformation, im 16. Jahrhundert, ging das mittelalterliche Klima-Optimum langsam zu Ende. Die damalige Wärme erlaubte es, sogar auf über 1000 Meter über Meer Kulturen anzubauen, wie es in den darauffolgenden Jahren nicht mehr möglich war. Ab 1570 erfolgte eine Kälteperiode, von vielen auch als <kleine Eiszeit> bezeichnet.» Aktuell sei das Klima wieder milder, «aber wie sich die einzelnen Kulturen verhalten, muss die Probesaison zeigen», sind sich die Verantwortlichen einig.
Öffentlicher Zugang
Im Jubiläumsjahr 2017 soll der Garten öffentlich zugänglich sein. «Auf Wunsch können Führungen angeboten werden», so Hans Ulrich Knaus. Was er allerdings gar nicht schätzt, sind «Besucher», welche sich ohne Rücksprache mit den Verantwortlichen aus dem Garten bedienen.
«Wir zählen darauf, dass die Menschen den Schaugarten respektieren, Gemüse, Getreide, Blumen und Kräuter anschauen, aber an ihrem Platz stehen lassen», so der Appell des Teamleiters. Für Hans Oppliger ist wichtig, dass die alten Sorten heute durch die Aufnahme in die Nationale Datenbank auch für künftige Generationen gesichert werden. «Unter Umständen verfügen diese trotz niedrigerem Ertrag über Eigenschaften, welche wertvolle Ausgangsstoffe für die Weiterentwicklung von Kulturpflanzen liefern können.»