UNTERWASSER. Und wie alle Jahre zu dieser Zeit tritt der Autofahrer auf der Fahrt durch Unterwasser brüsk auf die Bremse. Er kratzt sich am Kopf und fragt sich: Bin ich plötzlich am Klondyke? Oder ist das Hollywood? Es ist nichts von dem, es ist Country City in Unterwasser.
Alle Jahre wieder für drei Tage ist das Toggenburger Dorf das Epizentrum des Country-Lebens, die Nabe der Western-Welt, das Eldorado für Fans und Freaks von Line Dance, Pferdesätteln und Country-Musik. Sie haben nicht Tagesritte auf Pferden hinter sich, denn moderne Cowboys und -girls kommen mit der Harley, mit einem klapprigen Pick-up oder nobel mit einem modernen Campingmobil.
Kleines, feines Country-Festival
Country City Toggenburg, heuer zum 16. Mal, hat sich als kleines, aber feines Country-Festival in der weiteren Region etabliert. Die übersichtliche Szene reist jedes Jahr aus dem Mittelland, dem süddeutschen Raum und aus dem Vorarlbergischen ins obere Toggenburg, um mit Gleichgesinnten zu feiern, zu tanzen oder vielleicht um nur ein wenig des guten alten Western-Feelings zu geniessen.
Zwar riecht es im Saloon des Country City nicht nach durchgerittenem Leder oder nach schwarz gebranntem Whiskey, und es sitzen keine pokernden Falschspieler an den Tischen. Und «umgelegt» wird auch niemand - rauchende Colts werden am Eingang abgenommen.
Moderner Tanz des alten Westens
Dafür wird getanzt, Line Dance heisst der moderne Tanz des alten wilden Westens. Der Line Dance ist allgegenwärtig am Festival, keine oder keiner der Habitués beherrscht ihn nicht, und wenn doch, dann machen sie hier die ersten Schritte in der Linie. Keine Minute wird nicht getanzt, es gibt Vorführungen und Workshops, und stets bewegt sich ein Grüppchen auf den dafür vorgesehenen Bühnen in der Tennishalle oder im Festzelt. Gelegenheiten dazu gibt es genug, denn es läuft fast 24 Stunden Country-Musik ab Konserve, oder sie wird live auf der Bühne gespielt. Stets gibt es auch jemanden, der oder die den Gruppentanz aus den USA gut beherrscht, dem oder der wird dann abgeschaut, und schon bald bewegt sich die Gruppe fast perfekt synchron auf dem Parkett.
Tief in der Country-Schublade
Musikalisch hat das OK auch dieses Jahr wieder tief in der Country-Musik-Schublade gewühlt. Zwar findet es in dieser Schublade stets dieselben Namen der recht übersichtlichen Szene der nationalen Stars und weniger Bekannten. George Hug, Marco Gottardi und Rolf Raggenbass gehören dazu, die drei wurden auch diesmal wieder eingeladen, sie traten am Freitag als die Tres Amigos Country auf.
Am Samstag erlebten die Fans in der Tennishalle den Kanadier Marcel Soul mit einem «Tribute to Johnny Cash» sowie die Swiss Highwaymen mit Buddy Dee, Heinz Flückiger und Andy Martin. Am Samstag zur Mitternacht trat dann auch noch die Rheintalerin Suzie Candell mit ihren Screwdrivers auf.
«Bessy»-Hefte und «Winnetou»
Ein Merkmal des Country City Toggenburg ist auch der kleine Markt bei der Tennishalle. Dem Thema gerecht, werden hier Westernhüte, sogenannte Stetsons (oder billige Kopien davon) angeboten, Westernstiefel (Boots) oder Gürtel mit dazu frei wählbaren Gürtelschnallen angeboten. Dazu gibt es Trockenfleisch oder Jagdmesser aus heimischer Produktion, Western-Accessoires oder «Bessy»-Hefte und «Winnetou»-DVDs aus zweiter Hand. Reiten auf Ponies für Kinder, ein Harley-Treffen und ein Wettschiessen mit Pfeil und Bogen ergänzten die Palette des Festivals. Da und dort flanierten stilecht eingekleidete Cowboys, Sheriffs und Indianerhäuptlinge durchs Dorf. Was dann eben zu brüsken Bremsmanövern führen konnte, nämlich dann, wenn die «Helden des wilden Westens» auf dem Zebrastreifen auf die reale Welt trafen.