Frau Marbot, was geschieht, wenn jemand ein Tier im von Ihnen geführten Heim in Nesslau abgeben möchte?
Dolores Marbot: Wir beurteilen jeden Fall individuell, und zwar in Bezug auf das Tier, aber auch auf den Menschen. Zuerst fragen wir nach den Gründen, die dazu geführt haben, dass jemand seinen Vierbeiner weggeben möchte - oder weggeben muss. Wir überprüfen auch den Gesundheitszustand des Tieres. Oftmals müssen die Neuzugänge geimpft und entwurmt werden.
Welche Gründe werden bei einer Abgabe genannt?
Marbot: Manche Tierhalter sind mit ihren Vierbeinern überfordert. Nicht immer liegt das an den Tieren - manche Menschen scheinen Mühe damit zu haben, längerfristig Verantwortung zu übernehmen (siehe Toggenburger Tagblatt vom 18. Februar). Ausserdem werden uns regelmässig Katzen, Hunde und Nager vorbeigebracht, deren Besitzer verstorben sind. Es kommt auch vor, dass jemand in eine neue Wohnung oder ins Altersheim zieht und das Haustier nicht dorthin mitnehmen kann. Das sind dann die besonders tragischen Fälle. Auch Allergien werden oft als Grund dafür genannt, warum jemand das Tier nicht mehr bei sich haben kann. Ich gehe aber davon aus, dass dies in manchen Fällen eine Ausrede ist. Überprüfen lässt sich dies allerdings nicht.
Wenn Sie ein Tier im Heim aufnehmen, verlangen Sie dafür eine Gebühr vom früheren Besitzer. Warum ist das so?
Marbot: Die Unterbringung im Heim, die Behandlungen beim Tierarzt und das Futter, all dies ist nicht gratis. Um die anfallenden Kosten zu decken, sind wir auf diese Beiträge und auf Spenden angewiesen.
Wie hoch fallen die Gebühren aus?
Marbot: Für die Aufnahme eines Hundes im Tierheim Nesslau betragen die Kosten 300 Franken. Bei einer Katze sind es 200 Franken, bei einem Nagetier 50 Franken. So lauten unsere Richtlinien. Diese sind aber nicht in Stein gemeisselt, denn auch hier hängt vieles von den Rahmenbedingungen ab. Das Alter und der Gesundheitszustand des Tieres spielen hierbei eine Rolle. Wir nehmen auch Rücksicht auf die finanzielle Situation des Besitzers. Wenn jemand die Gebühr nicht übernehmen kann, aus welchen Gründen auch immer, dann reden wir mit dieser Person und finden gemeinsam eine Lösung. Wir möchten verhindern, dass ein Tier ausgesetzt oder gar getötet wird.
Wie lange dauert es durchschnittlich, bis Sie ein Tier weitervermitteln können?
Marbot: Wir gehen von einer drei- bis viermonatigen Aufenthaltsdauer im Tierheim aus. Manche Tiere, zum Beispiel pflegeleichte Katzen, können wir bereits nach zwei Wochen an einen neuen Besitzer weitergeben. Für als anspruchsvoll geltende Tiere kann das Heim übrigens eine Chance sein. Das betrifft vor allem Hunde. Bei uns arbeiten Fachpersonen, die wissen, wie man einen Zugang zu diesen Tieren findet. Oftmals sind sie nämlich gar nicht «schwierig», sie waren zuvor bloss unterbeschäftigt und wurden nicht richtig geführt. Mir ist es sehr wichtig, für alle Tiere, die derzeit in unserem Heim leben, ein passendes neues Zuhause zu finden. Daher reden wir ausführlich mit den Leuten, welche ein Tier zu sich holen möchten. Wir fragen nach, wie jemand lebt, uns interessieren Kriterien wie Familie, Job und Wohnung. Wenn das alles passt, steht einer Übernahme nichts im Weg.