WATTWIL. Das Referat «Verwöhnte Kinder kommen zu kurz» wurde vom Elternforum Wattwil, Elternforum Ebnat-Kappel, «Eltern Lehrer» Nesslau-Krummenau, Elternverein Lichtensteig und dem Regionalen Didaktischen Zentrum Wattwil organisiert. Jürg Frick ist Psychologe FSP und arbeitet als Berater und Dozent an der Pädagogischen Hochschule Zürich. Doch er kam nicht mit dem Mahnfinger vor die versammelte Eltern- und Lehrerschar.
Dem Kind nichts zutrauen
Der Referent zeigte die Ursachen und Folgen der subtilen «Verwöhnfalle» auf und erläuterte die Massnahmen, um dieser entgegenzuwirken. «Die meisten Eltern meinen, sie erziehen die Kinder, dabei erziehen die Kinder auch uns», erklärte Jürg Frick. Durch ihre genaue Beobachtungsgabe machen die Kinder ein Studium in praktischer Menschenkenntnis. «Aber die Kinder sind nicht schlimmer als früher», beruhigt der Psychologe das Publikum. Verwöhnen muss nicht nur mit Materiellem in Verbindung gebracht werden. Es gibt verschiedene Formen von Verwöhnen: Die Überängstlichkeit, die Überfürsorge, zu viel Lob mit falschem Massstab, keine Grenzen setzen oder das Kind überall mitentscheiden lassen.
Wie man sein Verhalten überprüfen kann
Die Definition des Verwöhnens ist, dass man die Kinder zu viel entlastet und ihnen zu wenig zutraut, was die Kinder im Selbstwertgefühl lähmt. Das beginnt früh. «Kleine Kinder wollen im Alltag mithelfen, das darf man nicht im Keim ersticken, denn sonst ziehen sich die Kinder zurück», erklärt der Referent. Es gibt einige typische Situationen, in denen die Eltern ihr Verhalten überprüfen können: Beispielsweise beim Schuhe binden, beim Essen, die Kinder in die Schule fahren, beim Zimmer aufräumen oder beim Kaufen von Markenprodukten.
Der auffallendste Punkt, Tendenz steigend, ist jedoch, bei einem Konflikt sofort zugunsten der Kinder einzuschreiten. «Das gibt es sehr häufig. Und der psychologische Aspekt ist, dass das Kind lernt, es habe immer recht», klärt Jürg Frick im Rahmen seines Vortrags in Wattwil auf. Ein häufiger Fehler ist das rasche Ersetzen von unachtsam behandelten Dingen. Die Kinder lernen so, dass die Sachen nicht viel wert sind.
Kinder bekommen unrealistische Erwartungen
Die Folgen bei verwöhnten Kindern sind, dass sie Ansprüche stellen, unrealistische Erwartungen haben (sie denken: «die Eltern regeln das schon»), dass sie einen gesteigerten Wunsch entwickeln, im Mittelpunkt zu stehen, Vorwurfstendenz an andere Personen, auffälliges Konsumverhalten und Angst vor neuen Herausforderungen. Die verwöhnten «Prinzen und Prinzessinnen» kommen zu kurz.
Wie man verwöhnten Kindern begegnet, ist alters- und entwicklungsabhängig. Es sei gut, Zutrauen auszusprechen, ermuntern, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, an Erfolge erinnern sowie Gewähren von Selbständigkeit und Verantwortlichkeiten. Und auch der gute alte «Ämtliplan» wirkt sich auf verwöhnte Mädchen und Buben schliesslich positiv aus. Wobei hier schon die nächste Falle lauert: Es muss nämlich nicht jede Arbeit entschädigt werden.