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Einsatz für ein tiergerechtes Ende

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Bevor bei Fleischessern Schnitzel, Steak und Co. auf den Teller kommen, müssen Tiere geschlachtet werden. Davor sollte man seine Augen nicht verschliessen, sagt Tierwohlexpertin Aurelia Zimmermann.

Martina Signer

martina.signer

@toggenburgmedien.ch

Frau Zimmermann, Sie sind Expertin in Sachen Tierwohl bei der Micarna-Gruppe. Ist es nicht etwas paradox, bei der Schlachtung von Rindern, Schweinen und Lämmern von Tierwohl zu sprechen?

Nein, wenn man sich so wie ich dafür entscheidet, Fleisch zu essen, geht es darum, dass man die Nutztiere anständig hält und anständig schlachtet. Darauf habe ich in meiner Funktion ein Auge. Das heisst, dass man im Rahmen des Möglichen darauf achtet, Tierleid zu vermeiden. Respektive, es den Tieren so schön wie möglich zu machen. Also ein sehr pragmatischer Ansatz.

Wie kann man dieses Ziel erreichen?

Das fängt schon bei der Haltung an, bei welcher es darum geht, die Bedürfnisse der Tiere möglichst zu erfüllen und ihnen eine Umgebung zu bieten, in der sie sich wohl fühlen können. Der Transport sollte möglichst schonend und stressfrei für die Tiere ablaufen.

Und was kann man im Bereich der Schlachtung tun?

Zuerst geht darum, dass die Tiere während der Wartezeit gut aufgehoben sind, sich vom Transport erholen können und nicht zusätzlich gestresst werden. Der Zutrieb in die Schlachtung sollte ebenfalls möglichst schonend von statten gehen. Bei der Schlachtung an sich muss in erster Linie die Betäubung (Ausschaltung der Hirnfunktion, Anm. d. R.) so ausgeführt werden, dass das Tier schnell und zuverlässig keine Schmerzen mehr spüren kann. Es muss so lange betäubt bleiben, bis es anschliessend durch Blutentzug stirbt.

Wie muss man sich das Betäuben der Tiere vorstellen?

Die Betäubungsmethoden sind je nach Tierart gesetzlich geregelt, da sich die Anatomie unterscheidet. Für Rinder ist zum Beispiel Bolzenschuss erstes Mittel der Wahl, weil sie eine relativ poröse Stirn und ein grosses Gehirn haben. Bei Schweinen ist das etwas anders, da sie eine besonders hohe Knochendichte und ein kleines Gehirn haben. Daher wird in unserem Schlachtbetrieb die Betäubung durch hochprozentiges CO2 angewendet. Das bietet auch den Vorteil, dass man sie in Gruppen zutreiben kann. Denn Schweine fühlen sich in der Gruppe wohler und sie werden nicht durch Menschen zugetrieben, sondern durch sogenannte Treibwände. Das verhindert zusätzlichen Stress durch den potenziellen Feind Mensch.

Ihr Tätigkeitsbereich beginnt bei der Haltung der Tiere. Kontrollieren Sie die Zulieferer entsprechend?

Ich bin in der gesamten Wertschöpfungskette Ansprechpartner, wenn es um das Wohl der Tiere und den respektvollen Umgang mit ihnen geht. Meine Aufgabe ist nicht die Kontrolle, dies obliegt den kantonalen Behörden. Auch geht es in meinem Beruf nicht darum, die Tiere vor dem Schlachten auf ihre Gesundheit zu untersuchen. Das macht ein Veterinärmediziner des Kantons.

Wie gehen Sie als Tierfreundin mit dem Sterben der Tiere um? Tut das nicht weh?

Es ist nie schön, den ganzen Tag Tieren beim Sterben zuzusehen. Aber ich habe da wie erwähnt einen sehr pragmatischen Ansatz. Die Tiere sterben, ob man dies nun sehen will oder nicht. Meine Aufgabe ist es, hinzuschauen und den Ablauf für die Tiere so schonend wie möglich zu gestalten. Den Schritt zwischen dem Tier und dem Fleisch im Regal auszublenden, ist meiner Meinung nach falsch.

Werden die Transporteure und Schlachthofmitarbeiter in Sachen Tierwohl ausge­bildet?

Ja. Gerade für Transporteure und Schlachthofmitarbeiter gibt es spezielle Schulungen, in denen sie lernen, den ganzen Ablauf mehr aus Sicht der Tiere zu betrachten. Was es für die Tiere heisst, wenn die Stalltür aufgerissen wird, möglicherweise schon andere Tiere aufgeladen sind und danach an einem gänzlich ungewohnten Ort wieder abgeladen zu werden. Die Schulungen stossen immer auf viel Akzeptanz bei den Teilnehmern, da es ihnen die Arbeit erleichtert, wenn die Tiere ruhig bleiben.

Letzte Frage: Haben Sie auch Tiere zu Hause?

Ja, wir halten insgesamt 200 Legehennen. Und wir haben einen Hund. Die Hühner leben in einem mobilen Legehennenstall. Sie haben also täglich ihren Auslauf und der Stall wird jede Woche auf ein neues Stück Wiese gefahren, wo es wieder frische Würmer hat.


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