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«Alle gehen in die gleiche Richtung»

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Die nach zwei Amtsperioden zurückgetretene Schulpräsidentin Trudy Meier ist überzeugt, dass die Schule Lichtensteig gut dasteht. Trudy Meier plädiert für einen modularen Ausbau der Kinderbetreuung.

Martin Knoepfel

martin.knoepfel@toggenburgmedien.ch

Nach fast acht Jahren als Schulpräsidentin endete für Trudy Meier Ende 2016 die Tätigkeit an der Spitze der Lichtensteiger Schule. Trudy Meier blickt zurück auf einen turbulenten Anfang und auf tiefgreifende Veränderungen, die in ihrer Amtszeit stattfanden. Sie startete 2009, nachdem der gewählte Schulpräsident aus Gesundheitsgründen das Amt nicht angetreten hatte.

Frau Meier, welches sind die grössten Erfolge in Ihren beiden Amtszeiten als Schulpräsidentin?

Trudy Meier: Der grösste Erfolg ist, wie die Schule Lichtensteig heute dasteht. Die Schule ist à jour, alle sind motiviert, es läuft gut im Team, und alle gehen in die gleiche Richtung. Das ist aber nicht allein mein Verdienst. Zentral ist, dass sich die Lehrer an der Schule wohl fühlen, denn dann fühlen sich auch die Kinder wohl. Wichtig ist auch, dass man die Lehrer in die Entscheidungen einbezieht. Ein Erfolg ist ebenfalls, dass die Schule Lichtensteig eine zeitgemässe und moderne Infrastruktur hat. Stolz bin ich auf die Lager. Sie stärken , wie beabsichtigt, die Gemeinschaft sehr. Seit einigen Jahren führt die Jost-Bürgi-Schule mit den Viert- bis Sechstklässlern jedes Jahr ein Wintersportlager durch, alle drei Jahre gibt es für sie auch ein Lager in der wärmeren Jahreszeit.

Und welches waren die grössten Misserfolge?

Von Misserfolgen will ich nicht sprechen. Ich konnte aber nicht alle Projekte realisieren. Ganz wichtig wäre es, die ausserfa­miliäre Betreuung der Kinder modular (bedarfsgerecht) auszubauen. Ich erhielt immer wieder Anfragen, ob die Kinder früher, so zwischen halb sieben und halb acht, zur Schule kommen können und dort betreut werden. Ein solches Angebot wäre wichtig, denn heute wollen und müssen in vielen Familien beide Elternteile arbeiten, zumindest Teilzeit. Oft genügt es dann nicht, wenn die Eltern erst um acht Uhr losfahren können.

Gab es in den vergangenen fast zwei Amtsperioden Momente, in denen Sie am liebsten das Handtuch geworfen und den Rücktritt erklärt hätten?

Nein, ich habe diese Arbeit sehr gerne gemacht, denn man arbeitet für die Kinder und sie sind die Zukunft. Allerdings musste ich als einzige Gemeinderätin in der Einheitsgemeinde immer wieder den Finanzbedarf meines Ressorts, der Schule, begründen. Dies, obwohl immer von allen betont wird, wie wichtig Bildung für unser Land ist. Wenn man bei angezeigten Förderstunden sparen muss, ist das nicht nachhaltig. Die Schule muss integrativ arbeiten. Auch mir ist und war aber immer klar, dass Geld nicht unbeschränkt verfügbar ist.

Wie haben Sie es geschafft, nach den Turbulenzen vor Ihrer Wahl Ruhe in die Schule zu bringen?

Ich musste das Amt damals ohne formelle Übergabe übernehmen, aber das war halt so, und es war auch eine Chance. Man kann solche Situationen meistern, wenn alle gut zusammenarbeiten, wie das schon damals in der Schule Lichtensteig der Fall war.

Lichtensteig hat ja die Oberstufe verloren. Leidet die Schule darunter, oder wirkt sich das nicht aus?

Der Verlust der Oberstufe war kurz vor meiner Amtszeit. Ich glaube aber, dass der Entscheid damals richtig war. Im Oberstufenalter vergrössert sich der Radius, in dem sich Kinder und Jugendliche bewegen, ohnehin. Das zeigt sich auch in ihrem Freizeitverhalten. Wattwil hat ähnliche Vorstellungen von guter Schule wie die Jost-Bürgi-Schule und die Zusammenarbeit war immer sehr gut. Die Schule Wattwil ist für die Lichtensteiger Schülerinnen und Schüler mit dem Velo oder Bus gut erreichbar. Man muss bedenken, dass eine kleine Oberstufe von der Fächerkombination her eingeschränkt wäre und deshalb möglicherweise Probleme hätte, gute Lehrer zu finden.

Welches ist die wichtigste Eigenschaft, die ein Schul­präsident haben muss?

Man muss die Menschen gerne haben und sich als Dienstleister für die Bevölkerung, die Kinder und die Lehrer verstehen. Man muss die Interessen aller wahrnehmen und einbeziehen können und es braucht eine Passion für die Bildung. Kooperation mit allen Anspruchsgruppen ist das Zauberwort, ohne dass man jedoch glaubt, allen Wünschen entsprechen zu müssen.

Weshalb ist in der Schulkommission noch ein Sitz vakant?

Das müssen Sie den Stadtpräsidenten fragen. Der Gemeinderat hat eine Liste von Interessenten.

Wie sehen Sie die Zukunft der Schule Lichtensteig?

Ich bin überzeugt, dass sie in guten Händen ist. Die neue Schulpräsidentin und die neue Schulleitung sind sehr motiviert, das Team ist bewährt, hat einen sehr guten Zusammenhalt und ist ebenfalls sehr motiviert. Wichtig ist, dass man der Schule in der Einheitsgemeinde genug Spielraum lässt, auch im Finanziellen. Schule und Verwaltung funktionieren unterschiedlich.

Ist es ein Vorteil für die Schule, wenn der Schulpräsident, wie in Einheitsgemeinden gesetzlich vorgeschrieben, zugleich Gemeinderat ist?

Es ist wichtig, dass die Schule weiss, welche strategischen Ziele die Gemeinde verfolgt. Um das zu erreichen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Einheitsgemeinde ist eine davon. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Schule genügend Spielraum hat und nicht zu viel dreingeredet wird. Die Leute, die täglich für die Schule arbeiten, wissen am besten, was es für die Schule braucht. Dass das Schulpräsidium vom Volk gewählt wird, verleiht ihm eine ganz andere Legitimität, als wenn es von einem Gremium ernannt wird.

Wie war die Zusammenarbeit mit dem Kanton?

Sie war sehr gut. Die Projekte werden gut aufgegleist und man bekommt Unterstützung, wenn man sie braucht. Das Gleiche gilt auch für die Zusammenarbeit mit den Schulpräsidien der Toggenburger Schulgemeinden.

Sind die Befürchtungen der Gegner wegen des Lehrplans 21 berechtigt?

Nein. Man kann nicht mehr Schule halten wie vor 20 Jahren. Der Lehrplan Volksschule ist kein Wundermittel. Er ist aber zeitgemäss, und die Kompetenzorientierung ist sinnvoll. Die Berufsschulen unterrichten so und gute Lehrer praktizieren das heute schon. Wegen der Familien, die den Kanton wechseln, ist es sinnvoll, wenn in der ganzen Schweiz einigermassen das Gleiche unterrichtet wird.

Was sagen Sie zu den Befürchtungen, zwei Fremdsprachen in der Primarstufe seien zu viel für die Kinder?

Es ist sicher schon so, dass es für einige leistungsschwächere Kinder zu viel ist. Die Schule muss aber allen (auch den stärkeren) Kindern gerecht werden. Da müssen für die einzelnen Kinder, die Mühe haben, passende Lösugen gefunden werden. Es ist für den Zusammenhalt der Schweiz wichtig, wenn in der Primarschule als Fremdsprache auch eine zweite Landessprache unterrichtet wird. Wichtig ist auch die Eigenmotivation der Schüler und die Motivation der Lehrer. Und etwas vom Wichtigsten ist, dass die Schüler das Lernen lernen und Freude am Lernen haben oder entwickeln.

Was werden Sie mit der durch den Rücktritt als Schulpräsidentin und Gemeinderätin gewonnenen Freizeit tun?

Ich werde an anderen Orten aufstocken und längerfristig nicht zusätzliche Freizeit haben. Mein Leben wird sich weiterhin ums Lernen drehen und wo die Jost- Bürgi-Schule steht, wird mich immer interessieren.


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