Anina Rütsche
anina.ruetsche@toggenburgmedien.ch
Die in Lichtensteig aufgewachsene Künstlerin Loredana Sperini stellt derzeit und noch bis 8. Januar unter dem Titel «True Blue» eine Auswahl ihrer Werke im Kunstmuseum St. Gallen aus. In ihren Objekten und Bildern verarbeitet die 46-Jährige scheinbar unvereinbare Materialien, beispielsweise in Bronze oder Zement gegossene Textilcollagen. «Die Brüchigkeit der menschlichen Existenz findet bei Loredana Sperini Ausdruck in fragmentierten Körpern: Münder, Köpfe, Hände, Finger, Beine, Füsse formen sich zu surrealen, poetischen Gebilden», hiess es im Herbst in dieser Zeitung. Nun, da sich die St. Galler Soloschau dem Ende zuneigt, zieht die Plastikerin, die heute in Zürich lebt, eine erste Bilanz.
Frau Sperini, Ihre Ausstellung in St. Gallen ist eine Rückkehr zu den Wurzeln in der Ostschweiz. Wie viel Toggenburg steckt in «True Blue»?
Loredana Sperini: Da meine Arbeit sehr persönlich ist, fliessen Momente der Vergangenheit eher unbewusst ein. Am Offensichtlichsten kommen meine Toggenburger Wurzeln bei den Textilarbeiten zum Ausdruck. Die textile Welt war immer ein Teil meiner Kindheit. Meine Eltern haben in der Textilfabrik Niederer in Lichtensteig gearbeitet, ich habe viel Zeit dort verbracht. Die Fabrik war wie mein zweites Zuhause, diese Welt hat mich sehr fasziniert. Ich selber habe dann Textildesignerin gelernt.
Die Ausstellung in St. Gallen wurde Ende September eröffnet. Wie haben die Besucherinnen und Besucher auf das Gezeigte reagiert?
Es gab verschiedene Reaktionen. Viele Besucherinnen und Besucher kannten mein Werk nur fragmentarisch und waren berührt vom Zusammenspiel und der Vielfalt der ausgestellten Werke. Viele waren auch von den Materialkombinationen und Farben der Wachs-Zement-Bilder angezogen. Durch die Ausstellung haben sich Freunde und frühere Bekannte aus dem Toggenburg gemeldet, was ich sehr schön fand.
Und was steckt hinter diesen Werken, was möchten Sie als Künstlerin den Menschen damit vermitteln?
Ich folge meinen inneren Bildern und versuche, ihnen anhand verschiedener Materialien Form zu geben. Wenn ich meine Werke ausstelle, hoffe ich, damit die Betrachterinnen und Betrachter zu berühren.
In «True Blue» sind sowohl schwere, melancholisch anmutende Zementarbeiten zu sehen als auch leichte, die aus Wolle, Fäden und Geflechten bestehen. Welche Version liegt Ihnen näher?
Die Ausstellung in Kunstmuseum St. Gallen zeigt die verschiedenen Ausdrucksformen meines Werks. Die Sehnsucht, wieder textil zu arbeiten, hat schon seit längerem in mir geschlummert. Durch die Einladung zur Ausstellung konnte ich dieser Sehnsucht nachgehen und für den letzten Raum eine grössere neue Textilarbeit entwickeln. Durch die Leichtigkeit dieser Skulptur entsteht ein schönes Gleichgewicht zu den eher schwereren Arbeiten in den vorderen Räumen.
Mit welchen Materialien arbeiten Sie am liebsten?
Wie man in der ziemlich breit gefassten Ausstellung im Kunstmuseum St. Gallen sehen kann, bevorzuge ich Wachs, Bronze, Zement und Textiles. Wichtig ist mir, dass die Materialen natürlich sind und haptische Qualitäten haben. Synthetische Materialen mag ich nicht.
Führen Sie eigentlich alle Arbeitsschritte selbst aus?
Ja, grösstenteils. Das Einzige, was ich nicht selber machen kann, sind Bronzegüsse und Schweissarbeiten. Mir ist es wichtig, meine Skulpturen selber umzusetzen. Das Handwerk mag ich sehr und oft passieren während der Umsetzung scheinbare Fehler, die mir neue Wege aufzeigen, denen ich nachgehen kann.
Bezeichnen Sie sich als Perfektionistin?
Ich denke schon. Ich wiederhole oft die Ausführung einzelner Werke, bis ich den richtigen Ausdruck in Material und Farbe gefunden habe. Dabei kann es um feine Nuancen gehen, die für mich grundlegend wichtig sind für die Skulptur. Sobald ich den richtigen Ausdruck gefunden habe, kann ich die Arbeit abschliessen. Dann werde ich zur Betrachterin des eigenen Werks.
Und wie geht es bei Ihnen nach der Ausstellung in St.Gallen weiter?
Ende Januar erscheint mein erstes Buch, welches eine grössere Auswahl meines Werks zeigt. In Anlehnung an die Ausstellung wird das Buch «True Blue» heissen. Ich freue mich auf eine ruhigere Atelierzeit, in der ich mich neuen Arbeiten widmen kann.
«True Blue» von Loredana Sperini, Einzelaustellung im Kunstmuseum St.Gallen, bis 8.AABB22Januar. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr, Mittwoch 10-20 Uhr.