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Channel: Ostschweiz - St. Gallen - Toggenburg
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Letzte Ruhestätte der Grafen

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Mehr als ein Dutzend Grafen fanden einst ihre letzte Ruhestätte nicht im Toggenburg, sondern ennet dem Ricken im zürcherischen Rüti. Die «Toggenburger Gruft» ist in der Kirche.

REGION. Die Grablegung erfolgte zwischen 1229 und 1436, als das Geschlecht mit dem Tod von Friedrich VII. ausstarb. Der Grafentitel ist seit 1209 urkundlich nachgewiesen. Stammsitz der Familie war die Alt-Toggenburg in der Gemeinde Kirchberg. Dies alles ist aber mehr als 700 Jahre her.

Der Pilgerweg und Kloster Rüti

Man kann sich fragen, weshalb sich die Grafen im für damalige Verhältnisse weit entfernten und mit beschwerlichen Reisen verbundenen Zürcher Oberland beisetzen liessen. Nun, die Gegend um Rüti lag im Brennpunkt geopolitischer Bestrebungen mächtiger Adelsgeschlechter im überregionalen Rahmen: Vom Glattal her die Regensberger, von Süden die Rapperswiler und von Osten die Toggenburger. Die Stossrichtung aller drei Familien zielte auf den erstrebenswerten Pilgerweg von Konstanz nach Einsiedeln - der sogenannte «Schwabenweg» war eine Teilstrecke des Jakobswegs nach Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens. Das Kloster Rüti bot sich als eigentlicher Stützpunkt an. Es war für den Orden der Prämonstratenser Anfang des 13. Jahrhunderts von Freiherr Lütold von Regensberg gestiftet worden und wurde 1525 mit der Reformation aufgehoben und vom Kanton Zürich übernommen. Die Äbte wussten in dieser Zeit durch geschicktes Handeln und Verhandeln den Reichtum des Klosters zu äufnen. Die Rivalität zwischen Regensbergern und Toggenburgern kam der Abtei zupass, indem sich beide Geschlechter als Gönner etablierten. Und das könnte auch der Hintergrund dafür sein, dass sich die Toggenburger Rüti als Begräbnisstätte aussuchten.

Verschiedene Spuren vorhanden

Die Quellen sind sich uneinig, ob in Rüti 14 oder alle 15 Toggenburger Grafen beigesetzt wurden. Beim ersten, Diethelm I., wird als Todesjahr «nach 1229» angegeben, der letzte, Friedrich VII., starb 1436 in Feldkirch kinderlos. Er hatte zuvor zeitweise mit seinem ganzen Hof im Kloster Rüti gelebt.

In der Rütner Kirche stösst man auf verschiedene Spuren der Toggenburger. Die eindrücklichste findet sich im Untergeschoss des 1982 erstellten Kirchenvorbaus. Hier wurden Überreste der bei den Ausgrabungen von 1978 freigelegten Treppe sichtbar gemacht, die zur einstigen Toggenburger Gruft führte (diese lag ausserhalb der Kirche). Daneben wurden zur Erinnerung an die Grafen zwei Grabplatten angebracht - jene von Diethelm IV. und von Friedrich V. An der Ostwand des Kirchenchors erinnern zwei Wappen an die Stifter und Gönner der Abtei, die Freiherren von Regensberg und die Grafen von Toggenburg, letzteres zeigt eine schwarze Dogge. Nicht mehr vorhanden ist die Toggenburger Kapelle, welche die Witwe Friedrich VII., Elisabeth von Matsch, hatte errichten lassen und in welcher der letzte Toggenburger Graf anno 1442 beigesetzt wurde. Bei Grabungen durch die Kantonale Denkmalpflege 1962 stiess man auf entsprechende Reste von Fundamenten.

Über 100 Gefallene

In Rüti wurden auch zahlreiche Adlige anderer Familien begraben, und nach der Schlacht bei Näfels 1388 zudem eine grosse Anzahl auf habsburgischer Seite Gefallene. Diese waren zunächst auf dem Schlachtfeld in einem Massengrab verscharrt worden. Zwei Jahre später wurden sie auf Initiative des Rütner Abts Bilgri ausgegraben, dessen Bruder Ritter Hans von Wagenberg ebenfalls gefallen war, nach Rüti überführt und beigesetzt. Bei archäologischen Grabungen im Kirchenschiff wurden 1982 über 100 Gebeine entdeckt.

Und auch hier ein Bezug zu den Toggenburgern: Der Onkel von Friedrich VII., Donat, hatte das Heer der Habsburger bei Näfels in die Schlacht geführt, wo es vernichtend geschlagen wurde.


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