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Channel: Ostschweiz - St. Gallen - Toggenburg
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Hundertwasser lehrt das Sehen

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Mit der Vernissage im «Haus der Paradiesvögel» begann am Sonntag in Hemberg die farbige Hundertwasser-Woche. Im Sonderschulinternat sind zusätzlich die Arbeiten der Kinder ausgestellt.

HEMBERG. «Dort wohnt ein Mensch, der sich von seinen Nachbarn unterscheidet», hat Friedensreich Hundertwasser in seinem Fenstermanifest festgehalten, in dem er grundsätzlich fordert, dass jeder sein Fenster individuell gestalten können sollte, damit die Einzigartigkeit des Menschen sichtbar wird. René Bucher und Liselotte Rittmeyer haben einige Ideen von Hundertwasser aufgenommen, verbreitet und eine Fülle von individuellen Arbeiten ist daraus entstanden. Zum lebendigen, angeregten Auftakt gab es Überraschendes zu sehen und zu hören. Matthias Tschopp, Bariton-Saxophon, und Yves Theiler, Piano, untermalten den Anlass musikalisch.

René Bucher und Liselotte Rittmeyer haben ihre ganze Energie in das Projekt Hundertwasser gesteckt und alles unternommen, damit sie in der laufenden Woche in ihrem Haus eine Ausstellung präsentieren können. Nicole Stettler-Lindenmann, Leiterin der Hundertwasser-Markthalle und der Galerie in Altenrhein, verriet an der Vernissage, dass sie und ihr inzwischen verstorbener Vater Herbert Lindenmann zum ersten Mal eine Ausstellung in privaten Räumen ermöglichten, weil sie das Herzblut der Initianten gespürt hätten. Sie stellten die Bilder, Kunstdrucke und Serigraphien zur Verfügung. Nicole Stettler gab ausserdem eine Kostprobe von ihrer fesselnden Vortragskunst. Sie hat gestern Dienstagabend im «Haus der Paradiesvögel» einen Vortrag über Hundertwasser gehalten. Da erfuhren Anwesende noch mehr von diesem aussergewöhnlichen, eigensinnigen und Konventionen ausser Acht lassenden Künstler und Philosophen. Er, der als Maler auch über das Leben, die Natur, die Ökologie oder die Architektur nachgedacht und sich dazu geäussert hat. Er war ein grosser Kämpfer für ein Leben in Harmonie mit der Natur. Einer mit Herzblut. Einer, der sich in das Herz und den Bauch der Menschen malen wollte. Auch Nicole Stettler lud ein, mehr Herzblut an den Tag zu legen, mutiger zu werden für eigene Überzeugungen und Ideen. Damit es im Zusammenleben farbiger und spannender werde.

Mit sehenden Augen unterwegs sein

«Wir wollen Identität schaffen», ist die primäre Motivation hinter der Hundertwasser-Woche. Miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam an einer Sache arbeiten, meinen Liselotte Rittmeyer und René Bucher damit.

Bucher hat sich intensiv mit Hundertwasser, der vor 60 Jahren während ein paar Wochen in Hemberg gelebt und gearbeitet hatte, auseinandergesetzt und ist darauf gestossen, dass sich der Künstler im Toggenburg inspiriert haben muss. Interessiert an der Architektur, hat er Hundertwassers Ideen von einem Haus, in dem sich Menschen wohl fühlen, mit der Architektur von alten Toggenburger Häusern verglichen. Zwei Jahre nach dem Aufenthalt in Hemberg hat Hundertwasser gegen den Rationalismus und Funktionalismus des modernen Bauens gewettert. René Bucher zeigte an der Vernissage Aufnahmen von Fenstern, Türmen, Dachformen und Fassaden aus dem Toggenburg und stellte daneben ähnliche Ausschnitte aus Hundertwassers Bauten. Er lud dazu ein, das Auge dafür zu sensibilisieren. Der Künstler selber hatte ein Jahr nach Hemberg die «Grammatik des Sehens» veröffentlicht. Darin vertritt er die Ansicht, dass es die Aufgabe der modernen Kunst sei, neu sehen zu lehren. In Hemberg haben sich alle Kinder der Primarschule und des Sonderschulinternats von Hundertwasser anstecken lassen und Phantastisches, Kreatives und Farbiges geschaffen.

Schlösser aus Milchpackungen

Hüte und Kissen sind genäht worden. Aus Abfallmaterial sind Häuser und ganze Schlösser im Hundertwasser-Stil entstanden, farbige Kachelscherben sind zum Tisch oder Spiegelrahmen verarbeitet worden, es ist gemalt, getöpfert, geklebt und experimentiert worden. Draussen vor dem Haus stehen drei grosse farbige Säulen und ein Fenster am Holzanbau ist farbig gestaltet - ganz im Sinne des Fensterrechts.


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