«Sie, Sie! Do hät's e Chue!» So tönte es am letzten Dienstagmorgen um Viertel vor acht, als die Kinder des Kindergartens Schmidberg auf dem Hof von Werner Giezendanner ankamen. Was für die einen selbstverständlich ist, ist für die anderen Neuland. Denn obwohl der Kindergarten eigentlich direkt unterhalb des Bauernhofs liegt, haben einige der elf Kinder noch nie eine Kuh aus nächster Nähe gesehen. Dies ist einer der Gründe, weshalb sich die Schulen und Kindergärten von ganz Wattwil zusammengetan und das Projekt Bauernjahr gestartet haben. Kinder und Jugendliche aus allen Stufen sollen das Bauernleben näher kennenlernen. Mit ihren Klassenlehrern besuchen sie viermal denselben Bauern. Je einmal im Winter, im Frühling, im Sommer und im Herbst. Diese Ausflüge laufen aber je nach Klasse ganz unterschiedlich ab. Während sich die Kindergärtler vom Schmidberg dem klassischen Bauernalltag mit Melken und Füttern widmeten, lernte zum Beispiel die Klasse 1Rb Risi mit Lehrer Dominic Blatter eine andere, typisch winterliche Arbeit des Bauern Heiri Tschumper kennen: den Unterhalt des eigenen Waldstückes.
Waldwirtschaft im Winter
Trotz Schneeregens und tiefer Temperaturen trafen sich die Realschülerinnen und -schüler am vergangenen Donnerstagnachmittag vor dem Risi-Schulhaus. Gemeinsam mit Klassenlehrer Dominic Blatter machten sie sich auf den Weg zum Treffpunkt mit Heiri Tschumper im Büel oberhalb von Wattwil. Der junge Bauer betreibt dort nämlich nicht nur den Bauernhof, welchen er vor einigen Jahren von seinem Vater übernommen hat. Er besitzt auch ein Stück Wald, welches er hauptsächlich für den Eigengebrauch nutzt. Nach rund zwanzig Minuten Fussmarsch durch Schlamm und Schnee, bei welchem einige der Schüler im wahrsten Sinne des Wortes kalte Füsse bekamen, erreichten sie einen kleinen Kehrplatz im Wald. Heiri Tschumper erwartete die 22 Jugendlichen bereits und erklärte ihnen den Ablauf des Nachmittags.
Baumarten bestimmen
Darauf durfte sich die Klasse auch selbst einbringen. Auf die Frage, wofür man denn den Wald gebrauchen könne, gingen die Antworten weit auseinander. Von «halt zum Herumlaufen», über «um Tiere zu beobachten und auf Bäume zu klettern», bis zu «um die Holzschnitzelheizung zu betreiben» war alles dabei. «Der Wald bietet uns vielfältige Nutzungsmöglichkeiten», bestätigte Heiri Tschumper die Aussagen. «Für mich persönlich ist das Brennholz am wichtigsten. Mit dem Holz der Bäume, welche wir mehrheitlich im Winter fällen, heizen wir unser Haus und können dazu auch einen Teil verkaufen.» Nach einer kurzen theoretischen Ausführung zu hartem und weichem Holz und dessen Nutzen lernten die Realschüler den Wald etwas näher kennen. Es galt, anhand von kurzen Informationsblättern in Gruppen die zuvor erwähnten Baumarten zu bestimmen und dann dem Rest der Klasse vorzustellen. Dies war nicht ganz einfach, doch mit ein wenig Hilfe von Bauer und Lehrer wurde die Aufgabe gut gemeistert. Da wegen des schlechten Wetters das richtige Holzen wegfallen musste, demonstrierte Heiri Tschumper zum Abschluss an einem bereits gefällten Stamm, wie ein Baum korrekt geschlagen wird.
Die Kleinen packen mit an
Für die Kindergartenklasse von Sandra Aschwanden und Praktikantin Jael Lehmann spielte das Wetter keine so grosse Rolle. Die Kleinsten aus dem Schulhaus Schmidberg vergnügten sich in Gummistiefeln und Regenhosen auf und rund um den Bauernhof von Werner Giezendanner. Dieser nahm sich den ganzen Morgen Zeit, um den Kindern ganz genau zu erklären, was er im Stall alles zu tun hat. Bei der ersten Station, dem Melken, wurde schnell offensichtlich, welche der elf Jungen und Mädchen schon etwas erfahrenere «Bauern» sind. Jedes der Kinder durfte einmal beim «Anmelken» helfen, bevor die Melkmaschine angehängt wurde. Während bei den einen schon beim ersten Griff ans Euter ein satter Milchstrahl rauskam, brauchten die weniger Geübten die Hilfe des geduldigen Bauern.
Die Begeisterung, einmal selber Hand anlegen zu dürfen, war aber bei allen gross. Und auch wenn einige schon bald wieder Hunger hatten, wurden zuerst noch die Kühe und Kälber gefüttert. «Ich gehe immer erst in die Znünipause, wenn meine Tiere versorgt sind. Schliesslich können sie sich nicht selber füttern wie wir», erklärt Werner Giezendanner.
Vorfreude auf nächsten Besuch
Abschliessend hatte Werner Giezendanner noch etwas ganz Spezielles vorbereitet: Mit Hilfe einer Milchzentrifuge zeigte er den Kindern, wie man Rahm macht. Gebannt starrten die Kinder auf die Maschine, welche den schweren vom leichten Teil der Milch trennt. Danach durften sie sogar davon kosten. Der Junge, der an diesem Tag zum ersten Mal eine Kuh gesehen hatte, wischte sich genüsslich den Rahm vom Mund und meinte: «I freu mi scho uf de Früehlig!»