Sabine Schmid
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Das Flair des Schulzimmers ist noch spürbar. Doch statt der Schulbänke steht eine gemütliche Sitzgruppe im ehemaligen Mittelstufenzimmer im Schulhaus Dicken, daneben Material, wie man es von einem Fotostudio kennt. Mittendrin steht Julia Leijola, streichelt ihre Hündin Aisha und lächelt. Sie hat in Dicken ein neues Zuhause gefunden und eröffnet am 14. Februar ihr Studio, in dem sie Fotografien und Gestaltungen anbietet.
Mit der Fotografie kam die gebürtige Finnin im Teenageralter in Kontakt. «Damals habe ich mit der Kamera meiner Eltern fotografiert, noch analog», erzählt sie. «Mein ganzes Taschengeld ging mit den Filmen und dem Entwickeln drauf.» Die besten Bilder hat sie, inzwischen mit ihrer Familie nach Luxemburg umgezogen, einer Agentur geschickt, und sie wurde für ihren Mut belohnt. «Ich habe eine Digitalkamera erhalten und habe für diese Agentur weitergearbeitet.» Damals habe die Digitalfotografie noch ganz am Anfang gestanden. «Heute, mit Instragram und Facebook, ist die Fotografie zu einer Massenarbeit geworden. Ein Fotograf muss sehr viel leisten, um in einem Ozean von Bildern auf sich aufmerksam zu machen», findet Julia Leijola.
Erfahrungen in der Mongolei gesammelt
Die Fotografie und ihre Leidenschaft fürs Reisen haben Julia Leijola zu ihrem Master-Studienfach, der Anthropologie (Wissenschaft des Menschen) geführt. «Ich war oft in der Mongolei unterwegs und habe versucht, dort die Menschen und ihre Kultur zu verstehen», erzählt sie. Vier Jahre lang hat sie dort ein Dokumentar-Projekt aufgebaut, dann kam das Ende. Geblieben sind viele Erinnerungen und Erfahrungen sowie die Erkenntnis, dass sie gerne in der Kommunikation arbeitet. Das macht sich Julia Leijola, deren Eltern bereits eine weltweit tätige Firma für visuelle Kommunikation geführt haben, nun zunutze. In ihrem Studio in Dicken kombiniert sie dies mit der Fotografie, die sie nie aus den Augen verloren hat. Für ihren Ehemann Paul Brent, der als Goldschmied in St. Peterzell arbeitet, hat Julia Leijola mehrmals Schmuckstücke fotografiert. Mit ihrer Einrichtung und Ausrüstung kann sie weitere Produkte ablichten. Dazu kommt die Porträtfotografie. Als Ergänzung gestaltet sie Prospekte, Broschüren sowie Werbung, Webseiten und macht Videos.
Mit ihrer Selbständigkeit führt Julia Leijola die Tradition ihrer Familie als Unternehmer fort. Die älteste Schwester ist eine erfolgreiche Hunde-Friseurin in Luxemburg, der Bruder ist Projektentwickler in seiner eigenen Firma in Finnland, und ihre zwei anderen Schwestern, eine in der Schweiz, die andere seit kurzem in Finnland wohnhaft, waren auch unternehmerisch tätig, bevor sie ihre Kinder bekommen haben. «Es ist für mich also ganz normal, mein eigenes Geschäft aufzubauen und die entsprechenden Risiken auf mich zu nehmen», sagt Julia Leijola. Fotografin, Gestalterin, Anthropologin: «Ich könnte nie nur eine einzige Sache machen», sagt Julia Leijola über sich. Und schon erzählt sie von einem weiteren Projekt.
Vom Menschen zum Wein
Mit dem Anthropologie-Professor Christopher Kaplonski, den sie während ihres Studiums an der Universität Cambridge kennen gelernt hat, hat sie die Anthroenologie entwickelt. «Wir sind die ersten, die Wein und die Fähigkeit, Wein zu kosten, als anthropologisches Thema erforschen», erklärt sie. Dafür reisten Julia Leijola und der Professor zu Winzern und Weinhändlern nach Österreich und England, er hat zudem Italien erforscht. «Über dieses Projekt kam ich mit der Weinbaugenossenschaft von Lichtensteig in Kontakt und wurde deren Präsidentin», sagt Julia Leijola. Im Moment sei damit zwar noch viel Arbeit verbunden, aber auch viel Freude. «Ich habe in dem Jahr, seit ich der Genossenschaft vorstehe, viel gelernt. Zum einen, weil ich noch nie so ein Gemeinschaftsprojekt miterlebt habe. Zum anderen, weil ich noch nie Präsidentin war.»
Julia Leijola, die in einem Weiler in Finnland und in Luxemburg aufgewachsen ist, aber auch in grossen Städten wie Genf und Cambridge gelebt hat, fühlt sich wohl in Dicken. «Hier sind die Menschen sehr freundlich, lassen einem aber eine Privatsphäre», sagt sie, die zufällig in Dicken gelandet ist. Zu ruhig ist es ihr im Dorf nicht, obwohl sie es bedauert, dass nach der Schliessung der Schule nicht mehr so viel Leben da ist. «Ich möchte mit meinem Studio auch etwas zum Dorfleben beitragen. Wenn ich da bin, dann ist meine Türe offen und alle sind willkommen», sagt Julia Leijola.
Tag der offenen Türe im Studio im ehemaligen Schulhaus Dicken am Dienstag, 14. Februar, von 11 bis 20 Uhr. www.dstudio.ch