Michael Hug
redaktion
Mit der «Landepiste» zum Dessert schoss der Küchenchef im Kirchberger «Rössli» den Vogel endgültig ab. Das «Delta Echo Sierra Sierra Echo Romeo Tango» als letzter Gang der Menüfolge mit dem stimmigen Namen «Ready for Departure» war ein erlesenes Plättchen mit einer Auswahl von süssen Häppchen von Crème brulée über ein Kiwi-Carpaccio bis frischen Himbeeren. Letztere wurde wohl von weither angeflogen - womit das Thema des Abends endgültig angekommen war.
Vorstellung des sechsten Buchs
Bei der aussergewöhnlichen Vorstellung des sechsten Buchs des Bronschhofer Autors und Ex-Piloten Werner Walser drehte sich alles um das Fliegen. Unter den Zuhörenden waren Zahlreiche, die dem Thema nahestanden, ehemalige Piloten und Militärkameraden des 78-jährigen Autors, wie auch seine Gattin, eine ehemalige Flight Attendant, damals noch Stewardess genannt. Auch das neueste Werk Walsers ist in der Fliegerszene angesiedelt. Werner Walser, der selbst Militärpilot gewesen war, verarbeitete in «Pilotenseele» Selbsterlebtes und Fiktion zu einem 250-seitigen Roman, in dem ebendiese Seele, eine zutiefst männliche Seele übrigens, zum Ausdruck kommt.
«Ich bin mit völlig bewusst, dass es etwa neunzig Prozent Frauen sind, die regelmässig Bücher lesen. Aber die meisten davon greifen nicht zu einem Buch, dass nach Militär riecht. Einen Roman über eine Fliegerstaffel zu schreiben, kommt deshalb einem literarischen Harakiri gleich.» Dies schreibt der Autor in seinem Vorwort, als Warnung vielleicht oder als Selbsterkenntnis. Es gehe ihm auch nicht darum, mit Büchern einen kommerziellen Erfolg zu landen: «Ich will einfach schreiben und ich kann dabei aus einem grossen Erlebnis- und Erfahrungsschatz greifen.» Seine «Pilotenseele», so nimmt er an, soll auch von Männern gelesen werden, «und ich hoffe auch von deren Frauen». Ausserdem: «Intensives Lesen verlängert das Leben», lächelte Walser mit einem Fingerzeig auf die zum Verkauf bereitgelegten «Pilotenseelen», «sie haben nun die Chance, ihr Leben unendlich zu verlängern!»
Pilotenhelm aus den Sechzigerjahren
Im Wissen, dass mit einer reinen Lesung nicht viel Publikum zu begeistern ist, hatte Werner Walser drei rund fünfzehnminütige Lesesegmente in ein viergängiges Menü eingeflochten und damit ein Lese-Essen-Erlebnis gestaltet. Zudem spielte sein musikalischer «Sidekick» Andy Plutzek passende Melodien während der Pausen.
Der Autor selber wusste bei seiner Lesung nicht nur durch seine vorgetragenen Textsequenzen zu unterhalten, sondern auch mit der einen und anderen Anekdote. Schliesslich zog er sich zum Abschluss seinen Pilotenhelm aus den Sechzigerjahren über: «Ich bin wohl der Erste, der mit Helm liest.» Und er sei bezahlt: «460 Franken, den Neupreis wollten sie mir abknöpfen bei meiner Entlassung nach 23 Jahren, ich habe ihn dann auf 50 Franken heruntergehandelt.» Heute koste ein FA/18-Helm 300000 Franken.