Die Zahl der Logiernächte ist im vergangenen Jahr um acht Prozent zurückgegangen. Als Hauptgrund wird der starke Schweizer Franken angegeben. Kann der Rückgang im Toggenburg auch so begründet werden?
Sonja Fuchs: Ja. Die Hoteliers haben mir bestätigt, dass der starke Franken auch bei uns im Toggenburg spürbar war. Leider hat die Problematik zwei Auswirkungen: Zum einen fehlen die Gäste aus dem Ausland, zum anderen reisen die Schweizer vermehrt in den Euroraum, weil dort die Ferien verhältnismässig billiger sind. Die Hoteliers könnten die Situation besser beurteilen, weil sie näher am Gast sind als wir von Toggenburg Tourismus. Der Gast bucht heute über Portale und direkt beim Hotel, das Tourist Info kommt kaum mehr zum Zug.
Haben die Hoteliers kurzfristige Absagen wegen des Kurssturzes erwähnt?
Fuchs: Über konkrete Absagen habe ich nichts gehört. Aber über das gesamte Jahr und bezüglich der Herkunftsländer der Gäste gesehen lässt sich klar ableiten, dass das Gästesegment aus Deutschland und Österreich am stärksten weggebrochen ist.
Eine andere Kennzahl ist die Anzahl der Ankünfte. Was lässt sich diesbezüglich über das vergangene Jahr im Toggenburg sagen?
Fuchs: Diese Zahl sagt aus, dass weniger Gäste im Toggenburg angereist sind als im Vorjahr. Wenn ein Gast hier fünf Nächte verbringt, zählt dies fünf Übernachtungen, aber nur eine Anreise.
Dann bedeutet der Rückgang bei den Ankünften um über 10 Prozent im Gegensatz zum Rückgang bei den Übernachtungszahlen um 8 Prozent, dass die Gäste länger geblieben sind. Das widerspricht dem Trend der vergangenen Jahre.
Fuchs: Diese Zahlen selbst haben mich erstaunt, denn der Trend geht nach wie vor weg von längeren Ferien dahin, dass die Gäste kürzer verreisen, dafür aber häufiger. Diesen Trend bestätigen mir auch die Hoteliers im Toggenburg. Warum die Zahlen etwas anderes sagen, kann ich mir nicht erklären.
Wie ist die Verteilung der Gäste zwischen Winter und Sommer?
Fuchs: Eine genaue Aufteilung kann ich nicht geben. Die Wintersaison ist zwar kürzer, aber vom Ertrag her besser. Unser Ziel ist aber klar, auch den Sommer und den Herbst zu stärken.
Im vergangenen Jahr sind drei Beherbergungsbetriebe eingegangen. Wie wirkt sich dies auf die Übernachtungszahlen aus?
Fuchs: Man kann der Statistik entnehmen, dass die Zahl der Beherbergungsbetriebe von 61 auf 58 zurückgegangen ist. Diese Betriebe waren nicht leer und das wirkt sich klar auf die Zahlen aus.
Die Hotelbetriebe sind oberhalb von Nesslau stark, im Neckertal und im untersten Teil des Toggenburgs. In der Mitte, namentlich in Wattwil und Ebnat-Kappel, findet man kaum Hotelbetten.
Fuchs: Das stimmt. In diesen Gemeinden hat es vereinzelte Bed&Breakfast-Angebote und Ferienwohnungen. Der Kapplerhof war ein grosser Beherbergungsbetrieb, den es heute nicht mehr gibt. Der Tourismus spielt sich oberhalb von Nesslau und im Neckertal ab. Im Untertoggenburg haben wir eher Betten, die von Geschäftsreisenden und Arbeitern genutzt werden. Wattwil ist nicht das touristische Zentrum, die Sektoren Bildung und Wirtschaft sind dort stärker.
Reicht das Angebot für die Geschäftsreisenden? Wo die Industrie ist, gibt es kaum Hotelzimmer.
Fuchs: Ich wurde nie direkt darauf angesprochen, dass es diesbezüglich eine grosse Nachfrage gäbe und die Unternehmen Unterstützung von unserer Seite bräuchten.
Wir haben bereits angetönt, viele Feriengäste im Toggenburg stammen aus der Schweiz. Können Sie dies erklären?
Fuchs: Ich meine, das kommt noch aus der Vergangenheit, als Wildhaus zu den Topdestinationen gehörte und sogar mit St. Moritz in einem Atemzug genannt wurde. Viele Leute kennen das Toggenburg, sei es von Seminaren oder weil sie hier Skifahren gelernt haben. Daraus entwickelte sich eine Tradition, sie kehren wieder und auch ihre Kinder lernen hier Skifahren. Dazu kommt die geographische Nähe zu Zürich, Schaffhausen, dem Thurgau und St. Gallen und die gute Erreichbarkeit mit dem Auto und dem öffentlichen Verkehr. Das sind Vorteile für das Toggenburg.
Nehmen Sie gerade dieses Traditionelle auch in der Werbung für das Tourismusgebiet auf?
Fuchs: Für uns ist die Tradition, das Brauchtum, das Ursprünglichr wichtig. Es passt zu unseren Werten Natürlichkeit, Echtheit, Heile Welt. Bei allen unseren Aktionen besinnen wir uns immer wieder auf diese Werte. Wir sind stolz darauf, dass wir keine inszenierten Angebote kreieren müssen, sondern auf das zurückgreifen können, was es hier gibt, nämlich Angebote im Einklang mit der Natur, mit dem Brauchtum. Die KlangWelt Toggenburg ist das Paradebeispiel dafür und zeigt das bestens.
Die KlangWelt Toggenburg bringt Gäste ins Tal. Im kommenden Frühling beispielsweise mit dem Klangfestival Naturstimmen. Wirkt sich dies positiv auf die Übernachtungszahlen aus?
Fuchs: Das Festival wird sicher zusätzliche Übernachtungen generieren. Die KlangWelt Toggenburg bietet ja gesamtheitliche Angebote mit Festivalpass und Übernachtungen an. Die Besucher der Kurse übernachten vielfach ebenfalls gleich vor Ort. Die KlangWelt Toggenburg schnürt zusammen mit Hoteliers Pakete mit Nachtessen, Konzerteintritt und Übernachtung. Mit solchen Kombinationen kann man die Gäste motivieren, hier zu übernachten. Die KlangWelt Toggenburg ist ein wichtiger Partner für uns und mit dem Klanghaus und weiteren Projekten von ihrer Seite birgt diese Zusammenarbeit Potenzial. Das ist eine Chance fürs Toggenburg, denn so etwas wie die KlangWelt gibt es nirgendwo anders.
Wie sieht die Situation in der Parahotellerie, zu der die Ferienwohnungen, Bed&Breakfasts, Campings und Gruppenunterkünfte gehören?
Fuchs: Viele Schulen führen im Toggenburg ihre Lager durch, denn wir haben im Bereich von Gruppenunterkünften sehr gute Angebote. Das ist für uns ein wichtiger Bereich, denn Kinder, die mit der Schule hier waren, kehren vielleicht mit ihrer Familie zurück. Einer unserer wichtigsten Leistungspartner ist die Reka mit ihrem Feriendorf. Die Wohnungen liegen zentral und die Reka bietet ein gutes Rundum-Paket für Familien an. Das hilft uns mit, das Toggenburg zu vermarkten. Zudem setzen wir selber ein Projekt im Bereich Parahotellerie um. Wir wollen so die Zahl der Logiernächte in den Ferienwohnungen erhöhen. Dies wollen wir erreichen, indem wir mehr Objekte vermieten können. Gerade über den Jahreswechsel und in den Sportferien ist das Angebot hier zu knapp.
Sie erwähnten zudem, dass Sie den Sommer und den Herbst stärken wollen. Spielen Ihnen dafür Angebote wie das neue Gipfelgebäude auf dem Chäserrugg in die Hände?
Fuchs: Das A und O im Tourismus ist, dass man über eine gute Infrastruktur und passende Angebote verfügt. Wir könnten noch so viel Werbung machen: Ohne ein entsprechendes Angebot würde das alles nichts nutzen. Deshalb sind alle Investitionen für uns wichtig. Gute Beispiele dafür sind das Gipfelgebäude auf dem Chäserrugg, aber auch die neue Gondelbahn vom Espel auf den Chäserrugg. Mit dem Projekt Wildhaus 2.0 könnte es einen Ausbau des Skigebietes für Familien geben. Auch beim Klangweg ist man daran, mit immer wieder neuen Installationen attraktiv zu bleiben. Und mit dem Klanghaus ist ein weiteres Grossprojekt in der Pipeline. Alle diese Projekte könnten dem Toggenburg den nötigen Schwung verleihen.